Porträt des Corona-Beraters

Tillmans über Fauci: "Sie zu treffen, fühlt sich an, als würde sich ein Kreis schließen"

Wolfgang Tillmans hat für die "New York Times" Anthony Fauci fotografiert. Am Rande des Shootings hat der deutsche Künstler mit dem US-Chefvirologen auch über die Aids-Krise gesprochen

Kurz bevor er zum Jahresende als Berater von US-Präsident Joe Biden aufhört, hat Anthony Fauci einen Gastbeitrag in der "New York Times" (NYT) veröffentlicht, in dem er über seine Amtszeit reflektiert und Ratschläge für die nächste Generation von Wissenschaftlern gibt. Zu diesem Essay hat Wolfgang Tillmans ein Porträt des Forschers beigesteuert, der erste Auftrag des deutschen Künstlers für die renommierte Zeitung. Auszüge aus der Unterhaltung der beiden während des Shootings hat die NYT jetzt ebenfalls publiziert. Tillmans lebt seit über zwei Jahrzehnten mit HIV und hat dem Immunologen erzählt, dass er die Medikamente eingenommen hat, die der Arzt einst mitentwickelt hat.

"1997 starb mein Partner an AIDS, und zur gleichen Zeit erfuhr ich, dass ich HIV-positiv war und mit der Therapie beginnen konnte, die Sie und andere in jenen Jahren entwickelt hatten. Sie zu treffen, fühlt sich also an, als würde sich der Kreis schließen", so Tillmans. Er habe damals den gerade erst erhältlichen Mix aus drei antiretroviralen Medikamenten nehmen können. "Ich hatte Glück." Die zehn Jahre seit 1986, dem Jahr, an dem die weniger wirksame Zidovudin-Therapie auf den Markt kam, seien sehr lange Jahre gewesen: "In diesen Jahren gingen so viele Leben verloren und es herrschte Verzweiflung."

Angriffe auf Fauci damals wie heute

Fauci und andere Wissenschaftler wurden in den 1980er-Jahren von Aktivistengruppen wie "Act Up" kritisiert und angegriffen. "Ich war einer der wenigen, die sich hauptberuflich mit HIV beschäftigten", erinnert sich Fauci jetzt im Gespräch mit Tillmans. "Nicht viele Wissenschaftler wollten sich damit befassen. Der Ansatz war ein sehr rigider wissenschaftlicher und regulatorischer Ansatz seitens der Regierung; klinische Studien mussten sehr streng sein. Es dauerte Jahre, bis die Medikamente zugelassen wurden. Es gab nicht viel Geld. Aber da ich so sichtbar war, sahen mich die Aktivisten und sagten: 'Du bist das Gesicht der Regierung.'"

Fauci leitet das Nationale Institut für Infektionskrankheiten seit 38 Jahren und arbeitete unter insgesamt sieben US-Präsidenten. Er gilt seit Jahrzehnten als einer der herausragenden Experten für Infektionskrankheiten in den USA. In der politisch sehr aufgeladenen Debatte über die Corona-Pandemie war Fauci auch regelmäßig Ziel von Kritik und Anfeindungen. Derzeit sorgt US-Unternehmer Elon Musk für Empörung, weil er den Virologen am Sonntag auf Twitter verunglimpfte.