Ohrwurm

Totos Hit "Africa" wird 40

Foto: Max Siedentopf
Foto: Max Siedentopf
Toto, bis in alle Ewigkeit: Der Künstler Max Siedentopf bringt den Song von einer Band, die noch nie in Afrika war, in die namibische Wüste

Vor genau 40 Jahren veröffentlichte die US-Band Toto den Song "Africa", ein schlimmer Ohrwurm, aber dank der Serie "Stranger Things" auch bei Millennials beliebt. Auch die Kunst kommt immer wieder auf das Lied zurück

Der Song "Africa" handelt von einem Klischee - und ist selbst zum Klischee geworden. Vor 40 Jahren erscheint das 4:55-Minuten-Stück zuerst als letztes Lied auf dem Grammy Album "IV" und wird später die erfolgreichste Single der US-Band Toto. Nach Angaben von GfK Entertainment am 25. Juni 1982 veröffentlicht, klettert der Song in Deutschland bis auf Platz 14. Er wird zudem der einzige Nummer-eins-Hit der Band in den USA.

Mit seiner eingängigen Hook, dem melancholischen Dada-Text, den mitreißenden Drums, dem smoothen Jam, den Marimba- und Kalimba-Sounds, dem unwiderstehlichen Schlagzeug-Break, den versunkenen Synth-Flächen und jenem hymnischen Refrain hat sich "Africa" über die Jahrzehnte trotz mehrerer anderer Top-Ten-Hits wie "Rosanna" zum Aushängeschild der Band entwickelt.

"Ich ging auf eine katholische Jungenschule, und viele der Lehrer waren als Missionare in Afrika tätig", erklärte Gründungsmitglied und Texter David Paich einst dem "Guardian" die Entstehung des Textes. "Sie berichteten mir, wie sie die Dorfbewohner segneten, ihre Bibeln, ihre Bücher, ihre Ernten, und wenn es regnete, segneten sie den Regen." Daher auch die Hook-Line: "I bless the rains down in Africa."

"Ein weißer Junge versucht, ein Lied über Afrika zu schreiben"

"Ein weißer Junge versucht, ein Lied über Afrika zu schreiben", erzählte der bereits gestorbene Schlagzeuger und Co-Writer Jeff Porcaro. "Aber da er noch nie dort war, kann er nur erzählen, was er im Fernsehen gesehen hat, oder woran er sich erinnert." Dass sich dabei etwa der Kilimandscharo plötzlich direkt neben der eigentlich Hunderte Kilometer entfernten Serengeti-Savanne befindet, passt dann auch wieder zum schrulligen Liedtext, den wohl niemand bis zum Schluss durchsteigen kann. Erst in den späten 1990ern besuchen Toto dann den Kontinent und spielen ihren Song in Südafrika.

Lange Zeit ist "Africa" einer jener uncoolen 80er-Hits im Dudelradio, die einfach da sind. Weggespielt und verlegen weggelacht wie manch andere. Doch vor einigen Jahren nimmt der Ethno-Popsong richtig Fahrt auf - spätestens mit der Anschubhilfe der Coming-of-Age-Serie "Stranger Things", in deren erster Folge er 2016 landet und damit prominent ins Blickfeld der Millennials gerät. Im Folgejahr gehört der Track in Großbritannien zu den am häufigsten gestreamten Songs. Die Erklärungen dafür sind vielfältig, aber es liegt vermutlich an einem Zusammenspiel von Nostalgie und der Mehrdeutigkeit des Texts.

Aber wer hört den Song, wenn er im Loop in der afrikanischen Wüste gespielt wird? In der Namib-Wüste hat der namibisch-deutsche Künstler Max Siedentopf 2019 sechs Lautsprecher in einem Kreis auf schneeweißen Sockeln platziert. Sie sind um einen siebten, etwas höheren Sockel angeordnet, auf dem ein solarbetriebenr MP3-Player liegt. Der Titel der Installation ist "Toto Forever", und "Africa" von Toto spielt in einem Endlosschleife, "bis in alle Ewigkeit", wünscht sich der 1991 geborene Max Siedentopf, der heute in London lebt. Das Werk sei eine Hommage an den wahrscheinlich populärsten Song der vergangenen vier Jahrzehnte, so der Künstler. Die genaue Position von "Toto Forever" ist nicht bekannt. Auf Siedentopfs Website gibt es aber eine Karte, die den ungefähren Standort zeigt - allerdings ist auf der Karte das gesamte Wüstengebiet markiert. Eine Nachprüfung, ob die Installation existiert, ist also schwer möglich.

Ein unvergänglicher Popsong

Auch die Künstlergruppe Frankfurter Hauptschule hat ein Video zu einer ironischen Restitutionsaktion bei dem das Kollektiv zum Schein eine Joseph Beuys-Arbeit gestohlen hatte und nach Tansania gebracht hat mit "Africa" unterlegt. Wenn es um Klischees geht, ist der Song immer gut. 

Wer heute durch Video-Plattformen im Internet scrollt, findet Hommagen an den Song von Pop und Metal über Rap und Jazz bis hin zu A-cappella-Stücken und Chorinterpretationen. Auf Twitter gibt es einen Account, der automatisch alle drei Stunden eine neue Textzeile des Songs veröffentlicht. Es gibt Coverversionen von Weezer oder Schmonzetten-König Chris de Burgh, die Serien "Scrubs", "South Park" und "Family Guy" bedienten sich des Tracks. Und selbst die EDM-DJs Skrillex und Diplo ("Where Are Ü Now") beendeten ihre Sets schonmal mit dem 80er-Evergreen.

"Ich denke, solche Art von Musik wird immer seltener", sagte vor Jahren einmal der damalige Toto-Keyboarder Steve Porcaro. "Die jüngere Generation, die solches Material möglicherweise eher als Old-School oder so ansieht, beginnt zu verstehen, warum es solch ein Durchhaltevermögen hat." Ein unvergänglicher Popsong also.