Meme-Account @curators_complaining

Wenn Kuratoren sich beschweren

 Post von @curators_complaining auf Instagram
Foto: curators_complaining

Post von @curators_complaining auf Instagram

Der neue Instagram-Meme-Account @curators_complaining verspottet den Kult um Kuratoren. Das ist halbwegs lustig, aber verfehlt das  eigentliche Problem: Strukturelle Schwierigkeiten werden zu menschlichen Abgründen stilisiert

Klaus Biesen-Pissed ist als Name der sich beschwerenden Kuratoren (@curators_complaining) in der Instagram-Bio angegeben. Und jetzt weiß ich auch nicht, denn seit wann sind Kuratoren eigentlich Künstler hassende Egozentriker, die jeden Cent in Koks und E-Flux stecken? Genau dieses Bild vermittelt nämlich eifrig der recht neue Meme-Account. Koks für den Kurator, Ketamine für den Künstler. Honorar für den Kurator, nichts für den Künstler. Ruhm für den Kurator, Respektlosigkeiten für den Künstler. Dann taucht irgendwann mal das Gesicht von Hans Ulrich Obrist auf, Klaus Biesenbach muss natürlich bei dem Namen für das Profilbild herhalten.


Mit dem penetranten Herumhacken auf Superstar-Kuratoren wird an einem Problem von vorgestern herumkritisiert. Kuratoren zahlen Künstlern nicht aus Bosheit keine Honorare, es ist einfach kein Geld da, wenn keines bezahlt wird. Strukturelle Probleme werden zu menschlichen Abgründen stilisiert. Und dann lacht man natürlich trotzdem ab und an, das aber meist, wenn ein Meme gespielt wird, das schon einige Male seine Runden im Internet gedreht hat. Beispielsweise dieses hier:

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“Can we meet at soho house?”

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Nur wie gesagt, das Problem sind nicht die sich beschwerenden Kuratoren, das Problem ist vielmehr: Es beschwert sich niemand über strukturelle Probleme (Unterfinanzierung etc.), weil es immer jemanden im Kunstbetrieb geben wird, der sich aus Karrieregründen bis zum Umfallen selbst ausbeutet und den Job für noch weniger oder gar kein Geld macht. Und dann beutet man sich eben auch selbst aus und ist alles und nichts.

Vielleicht finden die sich beschwerenden Kuratoren ja noch zu sich, versuchen sich an einem Realitätscheck, fassen ein wenig Mut und machen Witze, die nicht unter die Gürtellinie zielen, sondern Aufmerksamkeit für relevante Themen schaffen.

Meme-Accounts mit Kunstbezug gibt es nämlich eigentlich auch schon genug und viel besser als @the_art_gorgeous wird es eh nicht mehr werden. Es geht um den Kunstmarkt, das Geschäft und die Partys, um die Beziehung zwischen Künstler und Galerist, um Künstlerfreunde, Jobs, Openings, Wochenenden und Reisen. Es menschelt und das ist reizend. Openings sind das neue Tinder, die Galeriemitarbeiter auf Messen sind müde, ein vernünftiger Flug ist zu teuer und Kritiker und Sammler sind manchmal nervig.


Um die sich beschwerenden Kunstkritiker auf Instagram ist es derweil wieder ruhiger geworden. Weil Kunstkritiker im richtigen Leben kaum mehr kritisch unterwegs sind, so vielleicht der Gedankengang von @theworstoftheworstoftheworst, und auf Instagram kaum jemand Zeit hat, lange Bildunterschriften zu lesen, kombiniert man doch einfach das Beste aus beiden Welten und fällt Urteile ohne viele Worte darüber zu verlieren. Ein bisschen Gefühl muss reichen, schließlich sind Emotionen der Treibstoff der sozialen Medien: Augenrollen, gähnen, kotzen, fremdschämen usw. usf. Neben die Kunstwerke werden also Stockfotos oder Promis gestellt, deren Mimik sehr eindeutig ist. Bill Cosby etwa schielt lüstern zu Signe Pierce herüber.


Und dann geht es plötzlich nicht mehr um die Kunst, sondern um die Person und man selbst fühlt sich an männliche Literaturkritiker erinnert, die in Rezensionen über Bücher von Autorinnen erst einmal ausführlich deren Rehaugen bewundern.

"art handlers = artists = my bitches" steht übrigens in der Zeile unter dem Namen Klaus Biesen-Pissed. Da scheint wirklich jemand pissed zu sein. Die Kuratoren, denen hier der Schwarze Peter für Missstände im Kunstbetrieb zugeschoben werden soll, sind es vermutlich eher nicht.