Galerist Javier Peres über sein Malerei-Debüt

„Sind wir im 19. Jahrhundert, oder was?“

Javier Peres, man wechselt nicht einfach so ins Fach des Porträtmalers, oder?
Ich habe schon die letzten zehn Jahre über Kunst gemacht, aber sie nicht unbedingt gezeigt. Und wenn, dann nicht unter meinem Namen.

Warum dann jetzt?
Ich weiß nicht genau. Letztes Jahr haben sich in meinem Leben ein paar Sachen geändert, ich verbrachte viel Zeit allein in meiner Wohnung in Berlin, und dabei entstand der Wunsch, wieder mit dem Malen zu beginnen und es ein bisschen ernsthafter anzugehen. Meine Künstler brauchen viel Energie und Aufmerksamkeit von mir, aber ich hab jetzt entschieden, diese Energie und Aufmerksamkeit mal auf mich selbst zu richten.

Das sagen Künstler ja oft: dass sie alles nur für sich selbst machen.
Aber so ist es. Als ich mit den Bildern begann dachte ich: Cool, die gefallen mir. Dann kam die Frage auf, ob ich die Bilder eigentlich auch ausstellen und verkaufen will, aber das ist ja im Grunde völlig gleich. Ich sammele ja auch viel Kunst, warum sollte ich also nicht auch meine eigenen Sachen sammeln – mir doch egal, wo etwas herkommt, wenn ich es mag!

Ihre Serie zeigt durchweg Porträts des Schauspieler River Phoenix, der 1993 an einer Überdosis starb. Arbeiten Sie wie die Maler des Fotorealismus, indem Sie eine Fotografie per Raster auf die Leinwand übertragen?
Ja genau. Es geht hier sicher nicht darum, irgendeine Meisterschaft oder Handschrift zu behaupten. Ein Bild in der Ausstellung ist eine eher abstrakte Collage, und jemand, dessen Namen ich jetzt lieber nicht nenne, kam ganz verstört zu mir und meinte: „Wie genau verhält sich diese Arbeit zu den anderen …?“ Und ich dachte nur: „Sind wir im 19. Jahrhundert, oder was?“ Meine nächste Serie wird Wasserfälle zeigen, gemalt aus Tabakblättern, danach kommt wer weiß was, aber sicher kein kohärentes Oeuvre.

Sie lachen jetzt, aber Sie meinen es ja schon ernst: Ihre Kunst ist weder ironisch noch exzessiv, obwohl genau das viele mit dem typischen Peres-Künstler verbinden.

Wie gesagt: Die Arbeiten entstanden in einer intimen Situation, als ich über mein eigenes Leben nachdachte und mich fragte, wann es aus den Fugen geraden war. Das brachte mich zurück in die späten 80er, frühen 90er-Jahre, und das erste, was in meinem Kopf auftauchte, war River Phoenix.

Warum gerade er?
Ich kannte ihn ein bisschen, aber wichtiger ist, dass er für mich eine bestimmte Lebensphase verkörpert, meine Jugend, eine idealisierte Zeit. Die Frage nach dem Warum kann ich nicht so einfach beantworten, aber ich weiß, warum ich ausschließlich und immer wieder ihn malen musste: Ich war immer schon von religiöser Kunst fasziniert und davon, wie die verschiedensten Kulturen ihre Heiligen in immer neuen Variationen malen. Phoenix ist für mich eher wie eine Metapher. Es geht nicht um ihn als Person, sondern darum, von demselben Punkt aus immer wieder andere Wege einzuschlagen. 

Hat sich durch die Malerei die Beziehung zu Ihren Künstlern verändert?

Nein. Ich hab immer schon mein Zeug gemacht. Das Großartige an der Galerie-Arbeit ist es ja, dass man sich kreativ ausdrücken kann: durch Konzepte, Ideen, durch die Künstler – wir haben da ein ganz hervorragendes System gegenseitiger Ausbeutung. Mein ganzes Leben ist Kunst: Herstellen, Ausstellen, Verkaufen, Kaufen …

Neben ihren Bildern wird auch ein Film gezeigt, den der Hollywood-Schauspieler James Franco und der Regisseur Gus van Sant miteinander gemacht haben.
Ja, der Film wurde zuvor in der Gagosian-Galerie in Los Angeles gezeigt und beim Toronto Film Festival, aber das ist jetzt die europäische Premiere, soviel ich weiß. James hat Gus gefragt, ob er alle Szenen aus „My Own Private Idaho“ – in dem River Phoenix die Hauptrolle spielte – nehmen kann, die es nicht in den Film geschafft haben. Aus diesem Material hat James einen neuen Film gemacht, den er „My Own Private River“ nennt. Der Film folgt also der Handlung und den Orten des Originals, man kennt irgendwie alles und irgendwie auch wieder nichts.

Wäre Film denn auch mal etwas für Sie?
Auf keinen Fall. Ich habe nicht die Geduld dafür. Selbst wenn ich einen Film gucke, muss ich alle 20 Minuten raus und was anderes tun. Beim Film musst du erst zwei Stunden warten, bis du dir ein Urteil machen kannst. Das Tolle bei der Kunst ist: Ich sehe etwas und weiß sofort, ob es mir gefällt oder nicht.

Javier Peres „One of Ours“, Grimmuseum Berlin, bis 5. Februar, Eröffnung: 12. Januar, 19 Uhr