Carsten Höller in New York

Wie auf Äther

„Watch your step!“ Streng weist uns eine Uniformierte auf die Sitze eines verspiegelten Kettenkarussells. Vorher haben wir im Erdgeschoss Einverständniserklärungen dazu ausfüllen müssen. Schon die mannshohen Pilzskulpturen hinter den Schaltern bereiten darauf vor: In der Ausstellung „Experience“ im New Museum könnte es zu halluzinativen Erfahrungen kommen.

Carsten Höller gehört zu jenen Künstlern, die beweisen, dass zeitgenössische Kunst populär sein kann und trotzdem anspruchsvoll. Oder kompatibel mit anspruchsvollen kuratorischen Konzepten. Vor einem Jahr installierte er im Hamburger Bahnhof in Berlin einen riesigen Labortest mit einer Herde Rentiere – ohne irgendwelche messbaren Ergebnisse. Die Arbeiten des ehemaligen Forschers ließen sich auch als „schlechte Wissenschaft“ bezeichnen. Sie handeln von Bewegung und vom Spielen, sind dabei jedoch selbst Spiel mit den Erwartungen an Kunst und an das, was wir sehen.

Die das ganze New Yorker Museum einnehmende Schau hat Best-of-Charakter. Eine Riesenrutsche führt von Etage vier in den zweiten Stock, in einem Bassin dürfen wir uns (wieder nach Unterschrift) nackt der Schwerelosigkeit nähern und am Eingang gegen Kaution „Upside Down Goggles“ ausleihen: Brillenapparaturen, die die Welt auf den Kopf stellen.

Das gefährliche Karussell erweist sich als Witz – es fährt langsamer als ein Drehrestaurant. Im Treppenhaus ein Haufen weißer Pillen zum Zugreifen, Inhalt unklar. Klar aber die Botschaft: Der Wirkstoff ist immer schon da, in unserem eigenen Kopf. Höller ist der Versuchsleiter, wir sind seine Probanden. Er zeigt uns Fische von unten, verwirrt mit flackerndem Licht. Die Upside-down-Kandidaten tasten sich an der Wand entlang wie Hunter S. Thompson auf Äther. Die Rutschenden wirken am Ende gelöst und aufgekratzt zugleich. Die Tabletten erweisen sich als hohl, doch der Kitzel war echt.

Die Versuche des Dr. Höller sollen uns neue Erfahrungen vermitteln, vor allem im Bereich der körperlichen Wahrnehmung. Wir hätten aber auch für geistige Experimente unterschrieben.

New Museum, New York, bis 15. Januar