Isländischer Pavillon auf der Biennale

Venedig schließt Büchels "Moschee"

Die Stadt Venedig will dem Projekt "The Mosque", das Christoph Büchel für den isländischen Pavillon der diesjährigen Venedig-Biennale konzipiert hat, einen Riegel vorschieben.

Der 1966 in Basel geborene Büchel, der seit einiger Zeit in Island lebt, hatte die seit Jahrzehnten leer stehende und profanisierte Kirche Santa Maria Della Misericordia mit allen Insignien einer Moschee versehen und die muslimische Gemeinde von Venedig eingeladen, sie mit ihm gemeinsam zu bespielen. Im historischen Venedig hat es noch nie eine Moschee gegeben, die muslimischen Bewohner der Stadt sind gezwungen, ihre Gottesdienste in den industriellen Außenbezirken auf dem Festland zu begehen.

Jahrelang hatte die muslimische Gemeinde vergeblich versucht, eine Genehmigung für eine Moschee in Venedigs Altstadt zu bekommen. Das Projekt "The Mosque" verstanden sowohl die Verantwortlichen des isländischen Pavillons als auch der muslimischen Gemeinde als Versuch der Öffnung und des Dialogs.

Anders offenbar die Stadt Venedig: Bereits vor der Eröffnung hatte sie angemahnt, dass die Genehmigung nur für eine Ausstellung gelte. Es sei nicht statthaft, aus dem Pavillon einen "Ort der Religionsausübung" zu machen. Die muslimische Gemeinde hatte trotzdem dort zum Freitagsgebet geladen. Jetzt, so meldet das italienische Onlinemagazin Venezia Today, soll "The Mosque" geschlossen werden. Grund seien die stattgefundenen Gottesdienste, außerdem, so monierte die Stadtverwaltung, seien statt der zugelassenen 90 Personen um die 100 im Raum gewesen. Nach Informationen von "The Art Newspaper" war das Haus bereits am Freitag für Besucher geschlossen.

Das Icelandic Art Center, das mit hinter dem Kunstprojekt steht, wollte sich zunächst nicht dazu äußern. Jedoch veröffentlichte das Zentrum einen offenen Brief auf seiner Internetseite, in dem es die Absicht des Künstlers darlegt. Büchels Installation solle ein Licht auf institutionalisierte Ausgrenzung und Vorurteile in der Gesellschaft werfen - auch mit Blick auf das Thema Einwanderung. Selbst wenn die Moschee geschlossen würde, sei etwas erreicht worden. Die derzeitige Debatte reflektiere Vorurteile und das Zeitgeschehen.

Das Projekt hatte schon vor Beginn der Biennale Anfang Mai polarisiert. Auch die katholische Gemeinde in Venedig hatte protestiert. Erst in letzter Minute habe es eine Genehmigung der Behörden gegeben, hieß es beim Icelandic Art Center. Beim Publikum würde das Projekt sehr gut ankommen.

In Venedig läuft derzeit der Wahlkampf für die Bürgermeisterwahl am 31. Mai. Kandidaten der Rechtspartei - die in der Region Venetien stark ist - hatten das Kunstprojekt kritisiert.

Die muslimische Gemeinde in Venedig bemängelt seit langem, dass es keine Moschee im historischen Zentrum der Stadt gibt. "Wir wollten die Gelegenheit nutzen, um eine Diskussion zu beginnen", sagte Mohammed Amin Al Ahdab von der muslimischen Gemeinde in Venedig und Region laut der Zeitung "Corriere del Veneto". "Aber es ist klar, dass niemand daran Interesse hat." Die jetzige Kontroverse würde Venedigs Image und dem Dialog der Religionen schaden.

Das letzte Wort ist in der Angelegenheit noch nicht gesprochen. Die Kuratoren haben jetzt 60 Tage Zeit, Einspruch gegen die Entscheidung einzulegen. Interessant wäre dann auch eine öffentliche Diskussion mit dem künstlerischen Team, den Verantwortlichen der Stadtverwaltung sowie Vertretern der Biennale: Kann ein Gottesdienst, dem man zuschauen darf, nicht gleichzeitig eine Performance sein? Hört eine Installation auf, Kunst zu sein, wenn man in ihr betet? (monopol/dpa)

Am 28. Mai erscheint die neue Ausgabe von Monopol mit einer Reportage zu Christoph Büchels "The Mosque"