Mike Kelleys Nachlass in Amsterdam

Kämpfen mit dem Superhelden

Eigentlich hätte das Stedelijk seine Wiedereröffnung im September bereits mit einer großen Mike-Kelley-Schau feiern sollen. Seit mehreren Jahren schon hatte Kuratorin Eva Meyer-Hermann mit dem Künstler an einer thematisch gegliederten Ausstellung gearbeitet, mit einigen zentralen Installationen im Zentrum.

Nach dem Schock von Kelleys Suizid im Januar dieses Jahres wurde die Schau auf Dezember verschoben, Stedelijk-Chefin Ann Goldstein übernahm persönlich die Organisation, und man darf von Turbulenzen ausgehen, denn Goldstein stellte das Konzept komplett auf den Kopf: „Nach Mike Kelleys Tod war sein bemerkenswertes Werk plötzlich abgeschlossen, und so wurde diese Ausstellung, die gemeinsam mit ihm geplant worden war, eine Retrospektive im eigentlichen Wortsinn“, sagt Goldstein. Jetzt habe man die Verantwortung, mit der abschließenden Aufarbeitung des Schaffens zu beginnen.

Und das ist keine leichte Aufgabe, denn der ehemalige Punkmusiker hat in zahlreichen unterschiedlichen Medien gearbeitet, Performance, Skulptur und Installation kombiniert. Das Werk des Künstlers, der in Los Angeles lebte, greift tief ins Unbewusste der amerikanischen Kultur: Der 1954 in Detroit geborene Kelley holte die Träume und Albträume einer 60er-Jahre-Kindheit ans Licht, von den frühen Gruselstofftieren bis zu den späten, monumentalen Stadtlandschaften von Kandor, der Heimatstadt des Helden Superman.

„Nichts ist heilig in seiner Arbeit, nicht die sogenannte Hochkultur, Geschichte, Literatur, Musik, Philosophie, Psychologie oder Erziehung. Wenn er sein Interesse an Populärkultur, vom Kunsthandwerk bis zum Comic, mit seiner Neubewertung von Identität und Sexualität zusammenbrachte, war es nichts weniger als eine Erleuchtung“, sagt Kuratorin Ann Goldstein – und hängt damit auch die Latte für ihre eigene Schau denkbar hoch.

Die bislang größte Retrospektive zu Mike Kelley soll über 200 Werke aus allen Schaffensperioden zeigen und die Räume im Stedelijk komplett ausfüllen. Weitere Stationen sind das Centre Pompidou in Paris und das MoMA PS1 in New York.

„Mike Kelley“, Stedelijk Museum Amsterdam, 15. Dezember bis 1.  April 2013