Sammlung Goetz, München

Absurder Alltag

Gerümpel, von unordentlichen Heimwerkern liegen gelassen: Bretter, Teppichschere, Plastiknapf, Audiokassetten, Malutensilien. Das alles stand, lag, gammelte vor einer Weile in der Münchner Sammlung Goetz herum. Was dann passierte, erinnert an die Reinemachfrau, die einst in Düsseldorf Beuys’ Fettecke wegwischte. Der Kram wurde von einer Putzhilfe in eine Ecke des Saals gekehrt – Ordnung muss sein. Als Fischli/Weiss das sahen, fanden sie erst, so wirke ihre Installation mit sämtlich aus Polyurethan hergestellten Baumarktnachbildungen eigentlich auch nicht schlecht. Am Ende war dann doch wieder alles an Ort und Stelle: Ein modernes Trompe-l’Œil, ein dreidimensionales zumal, will schließlich auch durchkomponiert sein.

Was sehen wir und was nicht? Ist das, was wir sehen, Kunst? Spielt das überhaupt eine Rolle? Und vor allem: Können wir dabei lachen? In der Art, wie sie diese Fragen stellen, gehen Peter Fischli und David Weiss ganz unverkrampft zu Werke. Ihre Kunst bei aller Experimentierlust – zum Beispiel bei der Kettenreaktion des berühmten Videos „Der Lauf der Dinge“ – einfach nur spielerisch zu nennen, hieße, die Präzision der Arbeiten zu unterschätzen. Der Film von einer Milch schlürfenden Katze etwa ist mehr als nur niedlich und sinnfrei: Auf einem Billboard am New Yorker Times Square abgestrahlt, wird das Tier zum einzigen nicht gebrandeten Bildelement am Shopping-Hotspot und überwacht dazu noch wie eine Gottheit den rasenden Verkehr. So kippt der Alltag ins Absurde. Oder das Absurde wird alltäglich, wie in den equilibristischen Lebensmittel­skulpturen der Fotoserie „Stiller Nachmittag“, den Fleischformationen der „Wurstserie“ oder den Tonknetereien der Reihe „Plötzlich diese Übersicht“. In der Titel wie „Der Jäger hört von Weitem Rotkäppchens Großmutter beunruhigend laut schnarchen“ die Szenen buchstäblich vorwegnehmen, was diesen ihre fantastische Anmutung und ihren Zauber aber keineswegs nimmt.

Das Ziel heißt philosophische Weltaneignung. Und so streunen Fischli/Weiss als Ratte und Bär verkleidet durch die Landschaft und lassen sich dabei filmen, wie sie frei assoziierend und launig das Weltgeschehen kommentieren: „Wie einfach im Grunde alles ist“; „nur sehen das die wenigsten“. Es traut sich halt außer ihnen niemand, die wirklich großen Themen anzupacken, so auch in der „Fragenprojektion“, aus der inzwischen eines der erfolgreichsten Künstlerbücher geworden ist. Die außerordentlich schön gehängte Ausstellung der Sammlung Goetz zeigt das Schaffen des Duos in beeindruckender Vielfalt. 

Sammlung Goetz, München, bis 12. März. Termine nach Vereinbarung, www.sammlung-goetz.de