Arte-Povera-Künstler Giovanni Anselmo gestorben

Malerei machte er zum Objekt

Giovanni Anselmo, einer der prägenden Künstler der italienischen Arte Povera, ist tot. Er starb im Alter von 89 Jahren in Turin

Anselmo, 1934 in Borgofranco d'Ivrea in der Nähe von Turin geboren, hatte eigentlich die Geschichte und Kunst der Antike studiert und als Grafiker gearbeitet. Als Künstler begann er in den 1960er-Jahren autodidaktisch. 1967 nahm er erstmals an der Gruppenausstellung "Arte Povera" in der Galerie Sperone in Turin teil, 1968 hatte er dort seine erste Einzelausstellung.

Ein Besuch am Vulkan von Stromboli hatte ihn auf das Thema der Energie in der Kunst gebracht. Von Beginn an waren der Kontrast und die Dialektik und das Verhältnis zwischen belebter und unbelebter Materie, Mensch und Natur der Kern seiner Arbeit. In seiner Serie "Torsione" experimentierte er seit 1968 mit zu Seilen gedrehten Stoffen, die an Steinen und Eisenobjekten befestigt sind, sie halten und unter Spannung setzen, so dass die Energie sichtbar wird.

Anselmo verstand die Bildhauerei als dynamisch: In seiner "Struttura che mangia" (Struktur, die isst) von 1968 ist ein kleinerer an einen größeren Granitblock angebunden. Zwischen den beiden Steinen klemmt ein Salatkopf, und sobald dieser welk wird und trocknet, geht die Spannung verloren, und der kleinere Block stürzt zu Boden.

Konventionen der Kunst wurden sein Thema

Malerei machte er zum Objekt, indem er farbige Steine auf der Leinwand anbrachte und Granitsteine aufhängte. Auch die Konventionen der Kunst und die Beziehungen zwischen Betrachtenden und Werk wurden zum Thema seiner Arbeit: In seiner Arbeit "Particolare" (zu Deutsch: Detail) von 1972 projizierte er eben dieses Wort "Particolare" in der Galerie auf die Wand, so dass es zu einer Art Bildunterschrift für die Körper der Besucher wurde, die sich in die Projektion stellten.

Anselmo nahm 1969 an der von Harald Szeemann kuratierten Ausstellung "When Attitude Becomes Form" in Bern teil, an der Documenta in Kassel 1969 und 1972 und an mehreren Biennalen von Venedig, wo er 1990 auch einen Goldenen Löwen für Malerei gewann. Die große Retrospektive, die im kommenden Jahr im Guggenheim Bilbao eröffnet, wird er nun nicht mehr erleben.