Atemlos in München: Andreas Hofer betreibt Hysterie als Aufklärung

Dass es nicht zu Staub zerfällt wie Vampire bei Sonnenlicht! Andreas Hofer hat sein Universum in diesen rechtwinkligen
Herzog-&-de-Meuron-Bau gepresst, der auf den ersten Blick eine Spur zu licht und leicht, zu edel und wohlproportioniert wirkt für diese Ungeheuerlichkeiten. Aber es funktioniert. Der Künstler hat sich in den meisten Räumen ein Umfeld für seine Arbeiten geschaffen, intime Kabinette, Grotten, grün gestrichene Wände oder eine Fototapete mit Reproduktionen von Arbeiten, die auf ihr hängen. Und es wäre auch voreilig, zu glauben, er inszenierte einen Mummenschanz aus Unvernunft, nur weil er mit Mitteln des fantastischen Kinos, des Comics und der Science-Fiction-Literatur arbeitet.
Was der 1963 in München Geborene auch in der Sammlung Goetz betreibt mit diesen über 70 Werken, ist härteste Aufklärung: Diese Bilder, Installationen, Skulpturen und Papierarbeiten zeigen den Menschen eingespannt zwischen technischem Fortschritt und gesellschaftlicher Stagnation, die verhindert, dass die Errungenschaften allen zugutekommen.

Ein besonders schönes Beispiel dafür und ein Höhepunkt in dieser Sammlung ist das großformatige, flamboyante Bild „Thunder Agent Nevada Doom 4419“ von 2004, ungefähr aus der Zeit also, als Ingvild Goetz nach anfänglicher Skepsis begann, die Kunst von Hofer zu sammeln: Ein Donnergott auf einem Sonnenwagen rast durch einen Brand aus Schwarz, Rot, Gold und Blau, versenkt Schiffe und versetzt Berge. Ganz klein kniet Superman im Staub und fleht um Erbarmen. Wie wunderbar Hofer das zusammenbringt: die gepanzerten Körperbilder der Superhelden und der faschistischen Ästhetik (das Bild bezieht sich auf Werner Peiner).
Und gegen diese Allmachtsfantasien gestellt sind – wie immer bei Hofer – der Verfall, die Schwäche, die Zerstörung, hier auch formal, in verlaufenden Farben und flächiger Malweise, die Leerstellen lässt und nicht auch noch das letzte Detail auspinselt.

Zwischenräume hier und dort hätten vielleicht auch dieser atemlosen Ausstellung gutgetan. Doch erst die Fülle und Überfülle erschaffen eine Hysterie im Schauen und dieses paranoide Gefühl, dass jeder kleine Fetzen Teil einer Welt ohne Ende und einer Zeit ohne Anfang ist.

Sammlung Goetz, München, bis 1. April. Besuch nur nach telefonischer Anmeldung möglich