19. Sydney-Biennale

Augen zu und durch?

Die Sydney-Biennale, drittälteste der Welt, wollte eigentlich entspannt und ohne viel theoretisches Gepäck in die 19. Runde gehen: Juliana Engberg, die künstlerische Leiterin, versprach einen Ausbruch „fröhlicher Anarchie“. Unter dem Motto „You Imagine What You Desire“ versammelt die Australierin Arbeiten von mehr als 90 Künstlern aus 31 Ländern. Als Ausstellungsorte dienen neben örtlichen Museen die ehemalige Sträflingskolonie Cockatoo Island im Hafen und die historische Eisenbahnwerkstatt Carriage works, heute eine öffentlich geförderte Kultureinrichtung. Los geht’s diesmal früher als in den Vorjahren, am 21. März, um die noch warmen Temperaturen des Herbsts auf der Südhalbkugel auszunutzen.

So weit, so entspannt. Die „fröhliche Anarchie“ schlug allerdings in Ärger um, als im Februar teilnehmende Künstler gegen den Sponsor Transfield Holdings protestierten und mit einem Boykott drohten. Der Konzern betreibt Auffanglager für Asylanten, unter anderem auf Manus Island im Norden von Papua-Neuguinea, wo kürzlich ein iranischer Asylant nach Zusammenstößen mit Sicherheitskräften ums Leben gekommen ist. Nach den Boykott-Drohungen kam es zum Bruch der Biennale mit Transfield Holding und dessen Chef Luca Belgiorno-Nettis, der gleichzeitig Vorsitzender des Kunstfestivals war. Nun droht der australische Staat, dass er auf eine Förderung der Biennale in kommenden Jahren verzichten werde. Andere australische Kulturinstitutionen fürchten indes um ihre Sponsoren – der Eklat ist perfekt.

Es ist interessant, weiter zu verfolgen, wie die Biennale nun mit dem Fall umgeht. Die Leichtigkeit ist erstmal dahin. Kuratorin Engberg hat Werke ausgewählt, die den Betrachter mit der Kraft der Poesie aktivieren sollen, um ihn aus dem Alltag herauszureißen: zum Beispiel die Performance „Choreography for the Running Male“ der 1981 geborenen litauischen Künstlerin Eglė Budvytytė, die noch irgendwie zur Situation passt. Sie lässt eine Gruppe von Männern durch das Stadtzentrum joggen, die simultan emotionale Gesten vollführen – mal schlagen sie beschämt die Hände vors Gesicht, mal versuchen sie, das Publikum zu verführen. Der Pole Hubert Czerepok, Jahrgang 1973, sorgt mit seiner Kunstaktion ebenfalls für Unruhe in der Innenstadt: Für „Let’s Change It All“ laufen Kinder mit Musikinstrumenten und Plakaten durch die Straßen und fordern Passanten auf, Gutes zu tun.

Auch große Namen fehlen in Sydney nicht: Turner-Prize-Träger Douglas Gordon ist mit seiner Mixed-Media-Installation „Phantom“ von 2011 vertreten. Ein neues Werk von Tacita Dean feiert Weltpremiere, genauso das Video „Mercy Garden Retour Skin“ von Pipilotti Rist. Neu ist das Programm „Artist One-on-One“: Zur Eröffnung können Besucher ausgewählte Biennale-Künstler treffen. Die Teilnahme wird auf der Website verlost.

19. Sydney-Biennale, 21. März bis 9. Juni