Nach Kritik

Berlin dringt auf Klarheit über Münchner Kunstfund

 Berlin (dpa) - Nach internationaler Kritik an deutschen Behörden dringt die Bundesregierung auf eine möglichst rasche Aufklärung des spektakulären Münchner Kunstfunds. Das Haus von Kulturstaatsminister Bernd Neumann steht eigenen Angaben zufolge mit der bayerischen Staatsregierung in Verhandlungen, um Möglichkeiten zu einer Beschleunigung der Recherchearbeit auszuloten.

   Kunstexperten forderten am Donnerstag erneut eine sofortige Veröffentlichung der Werkliste im Internet. Auch die USA verlangten mehr Transparenz. Deutschland müsse dafür sorgen, dass die Bilder an ihren rechtmäßigen Eigentümer gehen, zitierte das «Wall Street Journal» einen nicht näher bezeichneten Mitarbeiter des Außenministeriums in Washington.

   Neumanns Sprecher Hagen Philipp Wolf sagte: «Wir setzen uns nachdrücklich dafür ein, dass Bilder veröffentlicht werden, sobald es belastbare Indizien für eine unklare Herkunft des jeweiligen Werks gibt.» Dies solle unabhängig vom laufenden Strafverfahren gegen den Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt (79) erfolgen.

   In dessen Münchner Wohnung hatten Ermittler rund 1400 meist verschollen geglaubte Kunstwerke beschlagnahmt. Sie gehören größtenteils zu der von den Nazis verfemten «Entarteten Kunst» oder wurden verfolgten Juden geraubt. Bisher hat es die zuständige Augsburger Staatsanwaltschaft trotz internationalen Drucks abgelehnt, die Werke zu veröffentlichen.

    Die Herkunft des Kunstschatzes muss nach Ansicht von Unionsfraktionsvize Michael Kretschmer mit allem Nachdruck aufgeklärt werden. Man müsse schnellstmöglich herausfinden, wo die Werke herkämen und wer der rechtmäßige Eigentümer sei, sagte der Vorsitzende der Koalitions-Arbeitsgruppe Kultur am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. «Erst dann können wir sehen, ob Gesetze angepasst werden müssen. Aber das wird sehr, sehr schwer.» Die Arbeitsgruppe wird sich seinen Angaben zufolge nicht unmittelbar mit dem Thema beschäftigen.

   Der Berliner Rechtsanwalt Peter Raue schlug einen Deal mit Gurlitt vor. «Er überlässt die Werke dem Staat und geht dafür straffrei aus. Das würde die Rückgabe an berechtigte jüdische Familien oder Museen erheblich vereinfachen», sagte Raue dem Berliner «Tagesspiegel» (Donnerstag). «Wer die Herkunft von über 1400 Bildern selber recherchieren will, braucht bei optimistisch geschätzten zehn Tagen pro Werk 40 Jahre.»