Ron Galella bei C/O Berlin und im Monopol-Portfolio

Beruf: Fotoreporter

Ron Galella hat es irgendwie geschafft, einen schäbigen Job würdevoll zu verrichten - und mit seinen Schnappschüssen von Berühmtheiten selbst eine zu werden. Er war einer der ersten Paparazzi, und so definierte er auch deren (längst überholten) Ehrenkodex: „Wenn jemand sagt: ‚Keine Fotos!‘, dann versuche ich, keine mehr zu machen. Aber bevor er das sagt, mache ich so viele, wie ich kann.“  So soll die Übereinkunft zwischen ihm und Celebrities wie Jackie O., Liz Taylor und Richard Burton, Mick Jagger und Jerry Hall, Robert de Niro, Clint Eastwood, Sophia Loren gewesen sein. Das klingt nach Gentleman, was natürlich so auch nicht ganz stimmt.

Ron Galellas rund 140 gerahmte Fotografien von Weltstars in den leicht morbiden Hallen von C/O Berlin zu sehen, hat in mehrerer Hinsicht etwas Nostalgisches. Schwarz-Weiß-Pressefotografie, das ist ein Medium, das nicht nur eine ausgestorbene Art der Berichterstattung verkörpert, sondern im Grunde auch eine ausgestorbene Wirklichkeit – nichts an diesen Bildern hat noch irgend etwas mit dem Heute zu tun. Und gleichzeitig wüssten wir über diese Wirklichkeit von damals nicht so viel, wenn die ungebetenen Bildreporter nicht so hartnäckig geknipst hätten.

Einmal rennt Jackie Kennedy-Onassis über eine Wiese davon ins Gebüsch – eine panische Flucht durch den New Yorker Central Park, dokumentiert von Galella, der gleichzeitig der Grund dafür war. Die berühmte Ex-First-Lady brachte ihn zweimal vor Gericht. Galella hatte sich an ihr Hausmädchen herangemacht, ihre Kinder abgefangen, sich kostümiert und einmal sogar versucht, als Weihnachtsmann verkleidet in den Fond ihrer Limousine zu steigen. Ein andermal sah er sie wieder auf einer Broadway-Premiere und machte eine Aufnahme ihres strahlenden Lachens. „Da sind Sie ja“, sagte sie, „ich dachte Sie seien im Gefängnis.“

Andy Warhol verehrte ihn (war er doch der Archivar seines akribisch geführten Society-Daseins), Liz Taylor verwendete seine Bilder für ihre Biografie. Niederlagen ließ Galella nicht einfach so stehen – wenn er nicht das letzte Wort haben konnte, so wenigstens das letzte Bild. Nachdem Marlon Brando ihm mit seiner Rechten das das Kinn zertrümmert hatte (auch das ein bemerkenswerte Aufnahme: das Röntgenbild, in dem einige Zähne kreuz und quer im Kiefer stecken), ging er auf eine Party. Mit einer nach Ansicht seiner Anwälte viel zu geringen Entschädigungssumme gab er sich zufrieden, wollte aber die Geschichte selbst bestimmen: Ausgerüstet mit einem Football-Helm, passte er wieder Brando irgendwo ab. Und ließ sich selbst dabei fotografieren, denn nur wenn es ein Bild davon gibt, das weiß keiner besser als er, ist es auch wirklich so gewesen.

„Ron Galella. Paparazzo Extraordinaire“ C/O Berlin, bis 26. Februar

Monopol 2/2012 zeigt in einem Portfolio unveröffentlichte Bilder von Ron Galella