In den Wasserbecken spiegelt sich alles unverzerrt wider: das blasse Gesicht von Adele Bloch-Bauer, das Gustav Klimt in seinem weltberühmten Porträt "Die Frau in Gold" verewigt hat, und der Goldfisch, dem der deutsche Maler Paul Klee eine Reihe von Gemälden gewidmet hat. In Bordeaux hat ein ehemaliger deutscher U-Boot-Bunker eine neue Bestimmung gefunden: Auf rund 11 000 Quadratmetern Projektionsfläche werden Multimedia-Kunstausstellungen zwischen etwa 16 Meter tiefen Wasserbecken präsentiert.
Der Startschuss der "Bassins de Lumières" in dem insgesamt über 40 000 Quadratmeter großen Bollwerk wurde am Mittwoch mit zwei Schauen gegeben: "Gustav Klimt, von Gold und Farben" sowie "Paul Klee, die Musik malen". Wegen der Coronavirus-Pandemie wurde die ursprünglich für 17. April geplante Eröffnung des Zentrums für digitale Kunstschauen verschoben. Es soll weltweit die größte dauerhafte Einrichtung seiner Art sein.
Klimts engumschlungenes Paar aus seinem Werk "Der Kuss" taucht auf, ebenso sein Gorilla aus "Die feindlichen Gewalten" aus dem berühmten Beethovenfries - eine Flut an Motiven und Bildausschnitten aus einigen der Meisterwerken des österreichischen Malers. Dazwischen Bilder von Künstlern wie Egon Schiele, die so wie Klimt zur Wiener Secession gehörten. Aus dem Hintergrund erklingt Wiener Musik. Denn Besucher sollen in den Kontext der damaligen Zeit eintauchen.
Man wolle Inhalte vermitteln, keinen Kitsch, sagte der Direktor der "Bassins de Lumières", Augustin de Cointet de Filain. Die Klimt-Schau dauert rund 35 Minuten, die zu Paul Klee zehn Minuten, dazwischen als Schnitt die Projektion eines U-Boots - ein Augenzwinkern in Richtung Vergangenheit.
Von Bordeaux nach Dubai und New York
Der U-Boot-Bunker ist einer der fünf Marine-Bollwerke, die die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs an der französischen Atlantikküste errichtet haben. Erbaut wurde er zwischen 1941 und 1943. Über 6500 Arbeiter wechselten sich beim Gießen von 600 000 Kubikmeter Beton ab. Wie in La Rochelle, Saint-Nazaire, Brest und Lorient hielten die Nazi-Bollwerke den alliierten Bombenanschlägen weitgehend stand. Da der Abriss der Masse unmöglich war, wurde der Bunker von verschiedenen Unternehmen unterschiedlichst genutzt, unter anderem auch für Festivals und Fotoausstellungen.
Betrieben wird das Zentrum von "Culturespaces", die mehrere Museen und Sehenswürdigkeiten in Frankreich verwalten, darunter die Zentren für digitale Kunstschauen in Paris und Les Baux-de-Provence bei Avignon. Mit seinen mehr als 11 000 Quadratmetern Projektionsflächen ist Bordeaux jedoch dreimal so groß wie Baux und fünfmal so groß wie Paris, das bereits ein Jahr nach seiner Eröffnung im April 2018 mehr als eine Million Besucher angezogen hat. Dort wird derzeit unter anderem "Monet, Renoir... Chagall" gezeigt. Aufgrund des Publikumserfolgs will "Culturespaces" 2021/22 jeweils in New York und Dubai Zentren eröffnen.
Die drei Einrichtungen sind nicht vergleichbar. In Paris werden die Kunstausstellungen in einer einstigen Gießerei präsentiert, in Baux-de-Provence in ehemaligen Steinbrüchen. "Die Schauen werden stark durch die geschichtsträchtigen Orte bestimmt", erklärte Augustin de Cointet de Filain. In Paris, das mit etwa 3300 Quadratmetern Projektionsfläche die kleinste Einrichtung ist, liege der Schwerpunkt mehr auf den Details der Bildelemente, in Bordeaux könne man die Werke und Motive spektakulär vergrößern. So wie Adele Bloch-Bauer.