Nach Absage von Candice-Breitz-Ausstellung

Chefin der Saar-Kulturstiftung geht vorzeitig

Christine Streichert-Clivot, Ministerin für Bildung und Kultur des Saarlandes und Präsidentin der Kultusministerkonferenz
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Christine Streichert-Clivot, Ministerin für Bildung und Kultur des Saarlandes und Präsidentin der Kultusministerkonferenz

Früher als geplant trennen sich im Saarland die Landesregierung und eine wichtige Kulturmanagerin. Hintergrund soll der Nahost-Konflikt sein, inzwischen hat sich auch die Künstlerin Candice Breitz geäußert, deren Ausstellung im Saarlandmuseum Ende 2023 abgesagt worden war

Im Konflikt mit Landeskulturministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) verlässt die kunst- und kulturwissenschaftliche Vorständin der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, Andrea Jahn, vorzeitig ihren Posten. Ursache seien "unterschiedliche Auffassungen über die Weiterentwicklung der Stiftung und ihrer Einrichtungen", teilte das Kulturministerium in Saarbrücken am Sonntag mit. Jahns Vertrag werde Ende April 2024 vorzeitig und einvernehmlich aufgelöst. Eigentlich würde er bis zum 30. Juni 2025 laufen.

Hintergrund ist laut Medienberichten die in der Kunstwelt umstrittene Absage einer Ausstellung der Künstlerin Candice Breitz im Saarlandmuseum der Stiftung. Der Künstlerin wurde Ende 2023 vorgeworfen, sich nicht ausreichend vom Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel mit etwa 1200 Toten und rund 240 verschleppten Geiseln distanziert zu haben (einen Monopol-Kommentar zu der Absage vom November finden Sie hier). 

Am Sonntag erklärte Kulturministerin Streichert-Clivot: "Die letzten Monate waren nicht einfach, für Frau Dr. Jahn nicht und vor allem nicht für die Stiftung." Diese brauche einen "neuen und selbstbewussten Umgang mit ihrer Sammlung, auch um neue und jüngere Besucher*innengruppen zu erreichen. Die Vernetzung der Museen der Stiftung mit anderen Kulturorten im Saarland soll jetzt wieder stärker im Vordergrund stehen".

Statement von Künstlerin Breitz

Die Kunsthistorikerin und Vorständin Jahn wurde vom Kulturministerium so zitiert: Sie habe ihre internationalen Kontakte in die Stiftung eingebracht und mit großartigen Künstlerinnen und Künstlern wichtige Ausstellungen realisiert. "Jetzt möchte ich den Blick in die Zukunft richten und meinen Lebensmittelpunkt aus familiären Gründen nach Freiburg verlegen und mich stärker auf meine wissenschaftliche Tätigkeit und die Entwicklung von Ausstellungen zur Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts konzentrieren." Doris Pack, Mitglied des Kuratoriums der Stiftung, erläuterte laut Mitteilung mit Blick auf Jahns Vorstandsposten: "Das Kuratorium hat die Ministerin beauftragt, das Ausschreibungsverfahren für die Neubesetzung vorzubereiten."

Inzwischen hat sich auch die Künstlerin Candice Breitz zu den Vorgängen geäußert. In einem Statement, das Monopol vorliegt, macht sie der Kulturministerin Streichert-Clivot schwere Vorwürfe. "Es ist nach wie vor unglaublich traurig und höchst beunruhigend, die weiteren Entwicklungen in der sogenannten 'Breitz-Affäre' zu beobachten, wissend, dass das Saarland nichts getan hat, um die Farce zu verdienen, die sich rund um die Absage meiner Ausstellung Ende letzten Jahres abspielt", heißt es darin. "Eine Absage, die das Ergebnis einer schlecht informierten, übereilten und schädlichen Entscheidung von Personen war, die es wirklich hätten besser wissen müssen. Ob Andrea Jahns Entscheidung, von ihren beiden offiziellen Ämtern im Saarland zurückzutreten - als Direktorin des Saarlandmuseums und als Vorsitzende der
Stiftung Saarländischer Kulturbesitz (SSK) - von der saarländischen Kultusministerin Christine Streichert-Clivot erzwungen wurde oder nicht: Der Rücktritt von Andrea Jahn wird nicht dazu beitragen, den großen Schaden, der angerichtet angerichtet wurde, zu beheben." 

Streichert-Clivot werde laut Breitz wohl als erste deutsche Kulturministerin seit der Nazi-Zeit in die Geschichte eingehen, "die die Annullierung einer großen Ausstellung einer jüdischen Künstlerin in einem deutschen Museum verantwortet hat,
ohne rechtliche Grundlage oder ein ordentliches Verfahren und unter völliger Missachtung des deutschen Grundgesetzes. Dass sie damit auch die Stadt Saarbrücken und ihre Kultureinrichtungen immer tiefer in Schande und Verruf bringt, scheint der Ministerin, die ihre eigene Glaubwürdigkeit systematisch zerstört, herzlich egal zu sein." Außerdem wirft Breitz dem Saarlandmuseum vor, sie für die bereits geleistete Arbeit für die geplante Ausstellung nicht bezahlt zu haben.