TV-Doku: "Bilder einer Ausstellung: China und die Aufklärung"

Chinesisch für Anfänger

Eigentlich hätten sie sich am Pekinger Flughafen über den Weg laufen können: Guido Westerwelle, der nach der Eröffnung des Prestigeprojektes „Die Kunst der Aufklärung“ am 3. April 2011 nach Deutschland abreiste, und Ai Weiwei, der nahezu zeitgleich von chinesischen Beamten verhaftet wurde. Kalkulierte Provokation oder Zufall? „Der chinesische Repressionsapparat ist souverän genug, sich seine Terminpläne selber einzurichten“, meint Tilman Spengler. Der Laudator des Nobelpreisträgers Liu Xiaobo hatte für die Vernissage von Chinas Behörden kein Visum erhalten.

Das Einreiseverbot für Spengler und vor allem die Verhaftung Ai Weiweis machten „Die Kunst der Aufklärung“ zum Medienereignis. Die Diskussion schlug hohe Wellen: Es wurde gar gefordert, die komplett von deutscher Seite finanzierte Ausstellung abzubrechen. Deren Grundproblem liegt in der Verquickung von Kunst und Politik, das legt nun eine TV-Dokumentation von Heinz Peter Schwerfel nahe, die jetzt auf "Arte" ausgestrahlt wird.

Der Filmemacher hat bereits die Vorbereitungen der Schau begleitet, vor der Eröffnung die Direktoren der beteiligten deutschen Kunstsammlungen interviewt. Man ist sichtlich stolz auf das Mammutprojekt, für welches das chinesische Nationalmuseum nicht einmal Leihgebühren bezahlen muss. In seiner Eröffnungsrede schwärmt Westerwelle von der größten Ausstellung deutscher Kunst, die jemals im Ausland gezeigt wurde.

Von Kant zu Mao
Aber warum ausgerechnet eine Schau über die Aufklärung am Tian'anmen-Platz, dem Ort, der dem Massaker von 1989 seinen Namen gab? Zu den Ideen von Freiheit und Gleichheit könnte es kaum einen größeren Widerspruch geben – meint man. Doch die chinesische Führung sieht den Marxismus als Weiterführung der Aufklärung: Von Kant führt für sie ein durchaus gerader Weg zu Mao. Das stellt Schwerfels Dokumentation ganz sachlich heraus. Der Film bildet eine hervorragende Grundlage, um über den Erfolg oder Misserfolg der Ausstellung zu diskutieren.

Eine kostbar bebilderte Geschichtsstunde
Was etwa wollten die Deutschen erreichen? Für sie dient die Aufklärung als politisch-ideologischer Überbau zum millionenschweren Kulturaustausch. Kunst allein wäre ja doch ein bisschen wenig. So kann man behaupten, man hätte etwas für die Demokratisierung Chinas getan, den „subversiven Funken“ der Aufklärung mitten in Peking gezündet. Hat man aber nicht. Die Ausstellung gibt eine kostbar bebilderte Geschichtsstunde – nicht mehr und nicht weniger. Für einen solchen Zweck hätte sich eine weniger politisch aufgeladene Epoche besser geeignet: Barock hätt’s auch getan.

„Bilder einer Ausstellung: China und die Aufklärung“, Dokumentation von Heinz Peter Schwerfel, Arte, 24. Oktober, 22.40 Uhr