Spaniens Prestigeprojekte in der Krise

"Denkmäler des Booms"

Madrid (dpa) - Die «Stadt der Kultur» sollte eine architektonische Attraktion im Nordwesten Spaniens sein und Touristen in den Wallfahrtsort Santiago de Compostela bringen. Der großangelegte Gebäudekomplex des US-Architekten Peter Eisenman bleibt jedoch unvollendet. Die Regierung der Region Galicien beschloss, aus Geldmangel auf die Errichtung von zwei noch fehlenden Gebäude zu verzichten. «Die pharaonische Konstruktion bleibt der Nachwelt nun erhalten als ein Denkmal der Auswüchse des Baubooms und des Überflusses», schrieb die Zeitung «La Vanguardia».

   Das Prestigeprojekt ist in Spanien längst nicht das einzige, das in Zeiten wirtschaftlicher Blüte geplant wurde und sich nun in der Krise als zu groß erweist. Die Region Asturien im Norden des Landes leistete sich ein spektakuläres Kulturzentrum des Architekten Oscar Niemeyer. Der Brasilianer, der im Dezember 2012 im Alter von 104 Jahren starb, hatte das Bauwerk in Avilés an der Atlantikküste als sein wichtigstes in Europa bezeichnet. Es sollte einer heruntergekommenen Industriestadt zu einem neuen wirtschaftlichen Aufschwung verhelfen - ähnlich wie dies im Baskenland mit der Errichtung des Guggenheim-Museums in Bilbao gelungen war.

   Die Rechnung ging jedoch nicht auf, der «Guggenheim-Effekt» stellte sich nicht ein. Das Niemeyer-Zentrum musste nicht einmal ein Jahr nach der Eröffnung zeitweise geschlossen werden, weil das Management sich mit der Regionalregierung von Asturien zerstritten hatte. Die Betreiber häuften Schulden in Millionenhöhe an und mussten ein Konkursverfahren einleiten. Die Justiz ermittelt wegen des Verdachts des Missmanagements.

   In Valencia gilt die «Stadt der Künste und der Wissenschaften» als ein Symbol der Exzesse in Zeiten des Booms, als Geld im Überfluss da zu sein schien. Die Errichtung des - aus einer Reihe von spektakulären Bauwerken bestehenden - Komplexes im trockengelegten Flusslauf des Turia kostete etwa 1,3 Milliarden Euro, ein Vielfaches der ursprünglich vorgesehenen Summe.

   Das von den Architekten Santiago Calatrava und Félix Candela entworfene Kultur- und Freizeitzentrum wurde zur größten Touristenattraktion der Hafenstadt am Mittelmeer, aber es riss riesige Löcher in die staatlichen Kassen. Die Region Valencia musste im vorigen Jahr von der spanischen Zentralregierung vor einer drohenden Pleite bewahrt werden.

   In Valencia können die Verantwortlichen immerhin darauf verweisen, dass die «Stadt der Künste und der Wissenschaften» seit der Eröffnung im Jahr 1998 etwa 50 Millionen Besucher angelockt hat. Davon ist das Eisenman-Kulturzentrum in Galicien weit entfernt. Die «Stadt der Kulturen» bei Santiago de Compostela zählte im vorigen Jahr nur 330 000 Besucher.

   Eisenman, der in Deutschland vor allem für seinen Entwurf des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin bekannt ist, hatte den Gebäudekomplex als eine architektonische und kulturelle Akropolis auf einem Hügel angelegt. Vier Bauwerke wurden seit der Grundsteinlegung 2001 fertiggestellt. Es sollten noch eine Konzerthalle und ein internationales Kunstzentrum hinzukommen. Deren Errichtung wurde mehrfach verschoben und nun definitiv aufgegeben.

   Damit tun sich in dem Komplex zwei Baulücken auf. Was mit diesen Flächen künftig geschehen soll, ist noch unklar. Für die Regierung von Galicien stellt sich ein noch viel größeres Problem: Wie sollen bei der geringen Besucherzahl die laufenden Kosten gedeckt werden? Allein die Instandhaltung des Komplexes kostet nach Informationen der Zeitung «El País» fast vier Millionen Euro im Jahr, das kulturelle Angebot wird mit weiteren 4,5 Millionen Euro veranschlagt.