Frank Gehry wird 85

Der Star-Architekt, der keiner sein will

New York (dpa) - Das Guggenheim-Museum in Bilbao, die Disney- Konzerthalle in Los Angeles und bald wohl der höchste Wohnturm Deutschlands in Berlin: Der Star-Architekt Frank Gehry, dessen Gebäude vielerorts zu Architektur-Ikonen und Touristen-Attraktionen geworden sind, ist auf der ganzen Welt gefragt. Sogar in einer Episode der Zeichentrick-Serie «Die Simpsons» wurde Gehry verewigt - und sprach sich selbst. Die Bezeichnung «Star-Architekt» kann er aber trotzdem nicht leiden. «Es gibt Menschen, die Gebäude entwerfen, die technisch und finanziell nicht gut sind, und dann gibt es Menschen, die das Gegenteil machen», sagte Gehry einst dem britischen «Independent». «Zwei Kategorien, ganz simpel.»

Gefeiert wird der mit zahlreichen Preisen - darunter 1989 der bedeutendsten Architektur-Auszeichnung, dem Pritzker-Preis - ausgezeichnete Gehry für seine Bauten aber trotzdem ausgiebig. Den «berühmtesten lebenden Architekten der Welt» nannte ihn der «Independent» und die «Financial Times» lobte, seine Errungenschaften könnten nur als «brillant» bezeichnet werden. Am Freitag wird Gehry 85 Jahre alt, hat aber immer noch zahlreiche Großprojekte in Planung und Bau.

So wurde erst im Januar einer seiner Entwürfe für ein 39 Stockwerke hohes Gebäude am Berliner Alexanderplatz ausgewählt. 2017 sollen die erste Bewohner in das dann höchste Wohnhaus Deutschlands einziehen können. Unter anderem sind Museen in Panama und Abu Dhabi im Bau und Projekte in Barcelona, Washington, New York, Venezuela und Frankreich im Gespräch. Leicht von der Hand gingen ihm die zahlreichen Entwürfe allerdings nicht, zitierte Gehry einst der «Independent». «Jedes Mal leide ich, als müsste ich das ganze Leben neu beginnen. Da ist viel gesunde Unsicherheit, die diese Dinge antreibt.»

Geboren wurde Gehry 1929 als Frank Goldberg in der kanadischen Metropole Toronto. Seine Eltern waren jüdische Einwanderer aus Polen. Fast 80 Jahre später schuf der dann schon weltberühmte Baumeister erstmals ein Projekt in seiner Heimatstadt: Die Umgestaltung der traditionsreichen Art Gallery of Ontario. «Ich bin in dieser Stadt aufgewachsen, bis ich 17 war - da ist ein Haufen emotionales Zeug damit verbunden», erzählte Gehry damals der Nachrichtenagentur dpa. «Meine Großmutter lebte hier nur die Straße runter. Sie ging immer zu so einem kleinen Schreiner um die Ecke und holte die Holzabfälle. Und dann setzte sie sich mit mir auf den Boden und wir bauten Häuser und Städte und so Zeug. Ich weiß nicht, warum sie das gemacht hat, aber es ist mein Leben geworden.»

Nach dem Schulabschluss hatte Gehry Toronto erstmal verlassen und war in die kalifornische Metropole Los Angeles gezogen. Nachdem er alles Mögliche ausprobiert hatte und unter anderem als Lastwagen-Fahrer gearbeitet hatte, begann er schließlich ein Architektur-Studium an der University of Southern California. In dieser Zeit heiratete er auch seine erste Frau Anita Snyder, mit der er zwei Töchter bekam, und änderte seinen Nachnamen. Ein Aufbaustudium im Fach Städteplanung an der renommierten Harvard-Universität enttäuschte Gehry und er brach es ab. 1968 wurde seine Ehe mit Snyder geschieden.

Einige Jahre zuvor hatte Gehry bereits seine eigene Architektur-Firma in Los Angeles gegründet und erste zunächst kleinere Aufträge bekommen. Auch sein eigenes Haus im Stadtteil Santa Monica renovierte er auf exzentrische Art und Weise um. Zunächst baute er hauptsächlich in Kalifornien, aber in den 80er- und 90er-Jahren begannen sich auch die Aufträge aus dem Rest des Landes und der ganzen Welt zu häufen: 1989 entstand das Vitra Design Museum in Weil am Rhein, 1992 eine goldglänzende Fisch-Statue anlässlich der Olympischen Spiele in Barcelona, 1994 die Cinémathèque Francaise in Paris, 1996 das Tanzende Haus in Prag und 1999 der Neue Zollhof in Düsseldorf.

Seinen Ruf als brillanter Architekt festigen sollte aber vor allem ein Gebäude: Das 1997 fertiggestellte Guggenheim-Museum in Bilbao, ein dekonstruktivistisches Konstrukt aus Glas, Titan und Kalkstein, dessen außergewöhnliche und extravagante Formen im Sonnenlicht betörend funkeln. Es entwickelte sich zu einer der wichtigsten Touristen-Attraktionen der Region. «Die Museumswelt denkt ja, ich mache absichtlich schräge Ausstellungsräume, um es den Künstlern schwer zu machen, aber das stimmt nicht», sagte Gehry einmal der dpa. «Ich mag nur diese weißen Schuhschachteln nicht. Neutralität ist nicht neutral, sie entwertet Kunst.»

2003 wurde sein nächstes Star-Projekt fertig: Die Walt-Disney-Konzerthalle in Los Angeles, ein silbern glänzendes Formen-Ensemble, das mit dazu beitrug, die Innenstadt der Millionenmetropole neu zu beleben. «Ich gehe oft dorthin», sagte Gehry, der inzwischen seit 1975 mit der aus Panama stammenden Berta Isabel Aguilera verheiratet ist und mit ihr zwei Söhne hat, jüngst der «Financial Times». «Es ist eines der Gebäude in meinem Leben neben meinem eigenen Haus, dass ich benutze und dort viel Arbeit erledige, fast wie ein Teil meiner Familie.»

Kritik, dass bei ihm Form vor Funktion gehe, weist Gehry, der inzwischen neben der kanadischen auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft hat, von sich. «Für mich geht es immer darum, mit Menschen zu arbeiten und sie glücklich zu machen. Dann habe ich etwas erreicht. Vielleicht bin ich geboren worden, um anderen eine Freude zu machen.»