Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels

Der wilde Ritt des Informel: Sonderausstellung auf der Art Cologne

Wie gelang nach dem Zweiten Weltkrieg ein Neuanfang in der Kunst? Wie konnten Künstler gegen Trauma und Scham anmalen? Und wie entstand überhaupt wieder eine Infrastruktur mit Galerien und Vernissagen, nachdem die Jahre des Nationalsozialismus und Kriegsjahre auch hier dramatische Schneisen geschlagen hatten? Die Ausstellung „Am Anfang war das Informel“ des Zentralarchivs des internationalen Kunsthandels (ZADIK) versammelt weitgehend unveröffentlichte Fotos, Briefe und Dokumente, die Antworten auf diese Fragen geben sollen.
 
Der Beginn war bescheiden, und doch sollte 1952 in der kleinen Zweizimmerwohnung des Versicherungsangestellten Klaus Franck deutsche Kunstgeschichte geschrieben werden: Karl Otto Götz, Otto Greis, Heinz Kreutz und Bernard Schultze zeigten, anfangs noch unter dem Signet „Neuexpressionisten“, gestisch-abstrakte Bilder, suchend und kraftvoll zugleich, mit denen sie die klassische Formensprache hinter sich ließen.

Der baltische Dichter René Hinds charakterisierte die Ausstellung in seiner wortgewaltigen Eröffnungsrede als „Sturmritt einer Quadriga Malbesessener, um viele Halslängen dem Pferdchenkarussell, der Schindmährenkoppel, den Manegetummlern oder Pferdeverstandeszüchtern voraus“. Der Name „Quadriga“ war gefunden, und fortan wurde in der Zimmergalerie jeden Donnerstag heftig diskutiert. Wortführer war KO Götz, der früh wieder einen Reisepass hatte und wichtige Impulse aus Frankreich mitbrachte. Vom französischen Kritiker Michel Tapié stammt der Begriff Informel, der sich schließlich als Bezeichnung für die neue Kunstrichtung durchsetzte.

Die Ausstellung zur Art Cologne stellt wichtige Wegbegleiter des Informel vor, wie Wolfgang und Maria Rothe. Sie adaptierten den Begriff Edition aus dem Musikverlagswesen und gründeten den ersten Grafikverlag der jüngeren Künstlergeneration. 1958 erschien die „Edition Rothe 1“ mit Blättern von KO Götz, Emil Schumacher und Bernard Schultze, die für 60 DM erhältlich waren.

Fotos dokumentieren Aufbau und Eröffnungen in der Galerie Parnass in Wuppertal und bei Otto van de Loo in München, die ebenfalls wichtige Katalysatoren für die Durchsetzung des Informel und die sehr individuellen Entwicklungen der Künstler waren. In Briefen und Zeitungsartikeln lässt sich nachlesen, wie sehr damals zwischen Künstlern und Kritikern gestritten wurde: Konflikte konnten sich an der Frage der Dreidimensionalität oder der Farbe Rosa entzünden („blühend-anrüchig“), und der Kritikerpapst John Anthony Thwaites verglich Bernard Schultzes „Migofs“ in der „Deutschen Zeitung“ 1962 unter der Überschrift „Ein Tipp für Kaufhäuser“ kurzerhand mit Weihnachtsdekoration.


20.04. - 25.04.20010, Art Cologne, Halle 11.2, D40, ab dem 03.05. bis zum 30.07.2010 im ZADIK. Zur Ausstellung veröffentlicht das Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels eine Publikation in der Reihe „Sediment - Mitteilungen zur Geschichte des Kunsthandels“.

Weitere Informationen unter www.zadik.info/
 
Am 23. April findet um 16 Uhr zudem in der Monopol-Lounge, Halle 11.3, Stand A2, ein Talk mit Günter Herzog, Leiter des ZADIKs, zur "Rückkehr des Informel" statt.