Die Mitte, schon wieder ein Trümmerfeld: Allora & Calzadilla in Berlin

Keine leichte Aufgabe: im Schlamm Spuren zu hinterlassen. Das kubanisch-amerikanische Künstlerduo Jennifer Allora und Guillermo Calzadilla stellt in einer Institution aus, die um ihr Profil kämpft – und hinterlässt dabei doch Eindruck. Die Temporäre Kunsthalle auf dem Berliner Schlossplatz hat in den vergangenen Monaten ihren Geschäftsführer entlassen, den künstlerischen Beirat verloren, Pressekonferenzen abgesagt. Es wäre ungerecht, würde man nun in der lang geplanten Schau allein den Bezug zum aktuellen Geschehen suchen.

Er drängt sich allerdings auf, haben Allora & Calzadilla doch stark mit dem Raum gearbeitet: Sie zogen in der großen Halle einen hölzernen Zwischenboden ein, auf dem – unsichtbar für das darunter stehende Publikum – Tänzer wie Hausgeister poltern. Doch auch ein Tourist, der zufällig in die Kunsthalle stolpert und nichts weiß von der verfluchten Geschichte dieses Platzes, dieses Ausstellungsortes, wird an der Installation „Compass“ seine Freude haben können (zumal der Besuch seit dieser Schau keinen Eintritt mehr kostet; die Besucherzahlen sollen steigen). Daran zeigt sich die Qualität: dass diese Arbeit auf mehreren Ebenen rezipierbar ist, in ihren formalen, performativen, philosophischen und eben auch institutionskritischen Aspekten.


Ergänzt wird „Compass“ durch einen Film von Allora & Calzadilla, mit dem – längst überfällig – zum ersten Mal in der Kunsthalle ein direkter Bezug auf den Schlossplatz und den abgerissenen Palast der Republik genommen wird: Ruhig fährt die Kamera über das im Winter noch aufgewühlte Gelände. Die Mitte von Berlin, schon wieder ein Trümmerfeld. Ein Deutscher Schäferhund geht umher, er trägt eine Krause um den Hals, damit er sich nicht die gerade vernähten Wunden aufbeißt. Es ist wie die Installation eine einfache und starke Idee, brillant umgesetzt. Allora & Calzadilla retten mit dieser Ausstellung die Kunsthalle über den Sommer.

 

 

emporäre Kunsthalle, Berlin, bis 6. September