Rückblick

Die Toten des Jahres 2011

In Gedenken: Cy Twombly, Lucian Freud, Richard Hamilton und andere Künstler, die in diesem Jahr gestorben sind

8. April: Der amerikanische Künstler John McCracken stirbt im Alter von 76 Jahren nach längerer Krankheit in New York. Der im kalifornischen Berkeley geborene Künstler gehörte zu den herausragenden Vertretern des „West Coast Minimalism“. Seit Beginn seiner Karriere in den 60er-Jahren arbeitete McCracken mit industriellen Materialien und versuchte, jede Spur von individueller Geste und Expression bei der Produktion seiner Gemälde und Skulpturen zu tilgen. Bekannt wurde McCracken vor allem mit monochromen Stelen, die überzogen sind mit Polyester.

9. Juni: Der indische Gegenwartskünstler Maqbool Fida Husain, der auch «Picasso Indiens» genannt wurde, stirbt im Alter von 95 Jahren in einem Londoner Krankenhaus. M.F. Husain sei ein Mann mit «multi-dimensionalen Talenten» gewesen, sagte die indische Staatspräsidentin Pratibha Patil. Sein Tod hinterlasse eine tiefe Lücke in der Welt der Kunst und Kreativität. Premierminister Manmohan Singh nannte den Tod des muslimischen Künstlers, der im selbst gewählten Exil gelebt hatte, einen «nationalen Verlust».

10. Juni: Bernhard Heisig, Mitbegründer der "Leipziger Schule", stirbt im Alter von 86 Jahren in seinem Wohnort Strodehne an der Havel in Brandenburg. Der 1925 in Breslau geborene Maler, Grafiker und Zeichner gilt neben Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer als Gründer der «Leipziger Schule», aus deren Klassen auch der heutige Starkünstler Neo Rauch hervorging.

3. Juli: Der Konzeptkünstler Jan Mancuska stirbt im Alter von nur 39 Jahren nach langer Krankheit in Prag. Der in Bratislava geborene Künstler beschäftigte sich intensiv mit Gebrauchsgegenständen, die er in Museen und Galerien in einen neuen Kontext setzte. So stellte er eine Badewanne aus Seife her oder präsentierte in einer Vitrine Tassen, Gläser und anderes Geschirr, auf denen ein Gespräch zwischen einer Frau und einem Mann aufgedruckt war.

5. Juli: Der amerikanische Maler und Bildhauer Cy Twombly stirbt im Alter von 83 Jahren in seiner Wahlheimat Rom. Twombly galt als einer der einflussreichsten Expressionisten der amerikanischen Gegenwart. Bekannt wurde er vor allem durch seine an Kritzeleien erinnernden Bilder.

20. Juli: Der 1922 in Berlin geborene Künstler Lucian Freud stirbt im Alter von 88 Jahren nach langer Krankheit in seinem Haus in London. Der Enkel des Psychoanalytikers Sigmund Freud zählte zu den bedeutendsten Malern der Gegenwart. Der Direktor der Tate Modern in London, Nicholas Serota, sagte über ihn: „Die Lebendigkeit seiner Akte, die Intensität seiner Stillleben und die Präsenz seiner Porträts von Freunden und Familienmitgliedern garantieren Freud einen einzigartigen Platz in der Ruhmeshalle der Kunst des späten 20. Jahrhunderts."

31. Juli: John Hoyland, einer der führenden abstrakten Maler Großbritanniens, stirbt im Alter von 76 Jahren. Dem 1934 in Sheffield Geborenen gelang mit seinen großformatigen, abstrakten Gemälden nach Abschluss des Studiums 1960 ein steiler Karrierestart mit Ausstellungen in der Marlborough und der Whitechapel Art Gallery in London. In den späten 60ern verbrachte er einige Jahre in New York, kehrte aber 1973 nach England zurück.

6. August: Nach einer plötzlichen Erkrankung stirbt der französisch-polnische Konzeptkünstler Roman Opalka während eines Italienurlaubs knapp drei Wochen vor seinem 80. Geburtstag. Er studierte an der Schule für Kunst und Design im polnischen Lodz sowie an der Akademie der Künste in Warschau. In seinem letzten Interview, das er führte (es erschien in Monopol 5/2011), sagte der Künstler: "Wir wissen nicht, wann, aber sterben werden wir. Das Werk findet immer ein Ende, wie sein Schöpfer."

11. August: Robert Breer stirbt im Alter von 85 Jahren. Der 1926 in Detroit geborene Amerikaner, den das Harvard Film Institute als „Kinetic Poet of the Avant-Garde“ bezeichnete, war ein Pionier des Animationsfilms. In „Form Phases“, seinem ersten Film von 1952, versetzt der Künstler seine gemalten und gezeichneten geometrischen Figuren in Bewegung, animiert durch Aneinanderreihung von Einzelfotografien.In seiner mehr als 50 Jahre umfassenden Karriere experimentierte er aber auch mit Collagen und Fotos“. Breers Filme waren unter den ersten bewegten Bildern, die in Galerien ausgestellt wurden.

1. September: Sie waren ein unzertrennliches Künstlerpaar: Anna und Bernhard Blume. Nun bleibt Anna Blume allein zurück: Ihr Ehemann und künstlerischer Partner Bernhard Blume stirbt nach kurzer, schwerer Krankheit 73-jährig in Köln. Die Blumes, beide Jahrgang 1937 und aus Nordrhein-Westfalen, lernten sich zu Beginn der 60er-Jahre an der Kunstakademie in Düsseldorf kennen. In den 80ern begannen sie nach Einzelarbeiten als Künstlergemeinschaft und wurden auf dem Gebiet der inszenierten Fotografie zu Vorreitern. Ihre Fotos entstanden meist mit viel Aufwand. Sie balancierten und kletterten mit vollem Körpereinsatz, wie für die Sequenz «Im Wald», wo er auf dem letzten Ast sitzt und sie ins Nichts stürzt. Diese Arbeit ist zurzeit im Deutschen Historischen Museum (DHM), Berlin, in der Ausstellung "Unter Bäumen" zu sehen".

13. September: Arno Fischer, einer der wichtigsten Fotografen der DDR, stirbt im Alter von 84 Jahren. Zu den bedeutendsten Werken Fischers gehören seine Bilder aus dem Osten und Westen Berlins der Nachkriegszeit. Bekannt sind auch seine Aufnahmen aus New York und die Porträts der einsamen Marlene Dietrich aus dem Jahr 1964. Wie seine Frau, Sibylle Bergemann, arbeitete er früher für die legendäre DDR-Modezeitschrift «Sibylle». Fischer schärfte als Lehrer und Professor in Berlin, Leipzig und Dortmund den Blick mehrerer Generationen.

Am selben Tag stirbt in London Richard Hamilton, der Erfinder der Pop-Art. In seiner Kunst machte er vor, wie man der massenmedialen Flut Herr werden kann. "Populär, flüchtig, billig, jung, witzig, sexy, trickreich, glamourös und big business" solle die Kunst sein, schrieb der Londoner einmal und zeigte sich damit als Visionär. Er baute Spiegelsäle, arbeitete 1971, als einer der ersten Künstler mit Computern. Er setzte sich intensiv mit den Fragen der Wahrnehmung auseinander und verhinderte durch seine intellektuelle Experimentierfreude, dass er sich auf Markenzeichen reduzieren ließ.

21. Dezember: US-amerikanische Künstler John Chamberlain stirbt im Alter von 84 Jahren in Manhattan. Chamberlain wurde durch seine Skulpturen aus Autoteilen bekannt. Mit der Verwandlung von Blech zu Kunst traf er den Nerv des Automobilzeitalters und fand gleichzeitig einen Weg, die wilde, freie Ästhetik des abstrakten Expressionismus ins Dreidimensionale zu übersetzen.

26. Dezember: Der Pop-Art-Künstler James Rizzi stirbt im Alter von 61 Jahren in der Nacht zum zweiten Weihnachtstag in seinem New Yorker Studio. Rizzi wurde durch seine bunten, kindlich-naiv wirkenden Bilder berühmt. In Deutschland machte sich Rizzi einem größeren Publikum unter anderem mit seinen Briefmarken-Entwürfe für die Deutsche Post bekannt.Der Künstler mit dem obligatorischem Hut, dicker Brille und bunten Turnschuhen wurde am 5. Oktober 1950 in Brooklyn geboren. Er bemalte Turnschuhe, Häuser, Autos oder selbst eine Boeing.

27. Dezember: Helen Frankenthaler stirbt im Alter von 83 Jahren nach langer Krankheit in ihrem Haus in Connecticut. Die Malerin galt als Vertreterin der zweiten Generation des Abstrakten Expressionismus und war von 1958 bis 1971 mit dem Künstler Robert Motherwell verheiratet. Sie verwendete eine von Jackson Pollock entwickelte Maltechnik, mit der sie Farben direkt auf die am Boden liegende Leinwand auftrug. Die Tochter einer deutschen Immigrantin und eines New Yorker Richters wurde vor allem durch ihre weiterentwickelte Fleckenmethode bekannt.

(monopol / dpa)