Einmal pro Jahr ehrt das US-amerikanische Magazine "Time" die 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Gegenwart. Neben Politikerinnen, Royals (Meghan und Harry) und Geschäftsleuten finden sich darunter auch Popstars wie Billy Eilish oder Sportlerinnen wie Naomi Osaka und Simone Biles. Aber auch Kunst- und Kulturschaffende haben es in das öffentlichkeitswirksame Ranking "Time100" geschafft. Diese stellen wir hier vor.
Der US-amerikanische Künstler Mark Bradford wurde in Los Angeles geboren und studierte am California Institute of the Arts. Bekannt wurde er durch seine collagierten Gemälde, die international gezeigt wurden. Unter anderem vertrat Bradford die USA auf der Biennale in Venedig 2017. "Durch abstrakte Kunst hat Mark die Verwüstungen aufgezeigt, die Krisen wie die AIDS-Epidemie, der Hurrikan Katrina und der weltweite Zusammenbruch des Wohnungsmarktes für marginalisierte Gemeinschaften und die Menschen, die in ihnen leben, verursacht haben. Zielstrebig seziert er Rassismus, Homophobie, Sexismus und Armut. In seiner Philanthropie ist er ähnlich fokussiert, indem er innovative Programme zur Unterstützung von Jugendlichen in Pflegefamilien entwickelt und Kunst in Galerien in unterversorgten Stadtvierteln ausstellt.", schreibt die Juristin und Aktivistin Anita Hill, eine enge Freundin des Künstlers, in der "Time"-Laudatio.
Chloé Zhao ist Filmregisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin. Sie erregte 2017 die Aufmerksamkeit der Welt mit ihrem Film "The Rider", einem kargen und beeindruckenden Porträt einer indigenen Familie in South Dakota. Ein noch größerer Erfolg gelang ihr mit dem Drama "Nomadland", für das sie als erste Asiatin einen Oscar für die beste Regie erhielt. Laut ihres Kollegen Ang Lee, ebenfalls Oscar-Preisträger, habe Zhao "mit ihrem einfühlsamen Blick Erzählung und Dokumentarfilm auf eine Weise verwoben, die den Geist des Innenlebens der Figuren einfängt und es uns ermöglicht, in ihr Leben hineinzuschauen und sie wirklich zu verstehen. Selbst ihre herzzerreißend schönen objektiven Aufnahmen sind ein Spiegelbild des Geistes - tieftraurig und doch unglaublich freundlich."
Konzeptkünstlerin Barbara Kruger ist für ihre großformatigen Plakate und Installationen bekannt, die sich mit prägnanten Slogans gegen Machtmissbrauch und Sexismus richten. Der Kunstkritiker und -historiker Hal Foster betont: "Seit mehr als vier Jahrzehnten produziert Barbara Kruger die pointiertesten Beispiele feministischer Kunst, indem sie witzige Texte über entwendete Bilder legt und die alltäglichen Annahmen des Patriarchats und der Plutokratie in ihre Schranken verweist". Sie sei außerdem "stets wachsam gegenüber Fragen des Publikums und des Ortes und sucht immer wieder neue Wege, um in den öffentlichen Raum einzugreifen und die politische Debatte in die künstlerische Praxis einzubeziehen und umgekehrt."
Kengo Kuma ist ein international bekannter japanischer Architekt. Er setzt sich für ein Ideal der "verlorenen Architektur" ein - filigrane Gebäude, die in ihrer Umgebung verschwinden -, obwohl es schwer ist, das neue Nationalstadion in Japan zu übersehen, wenn man durch das Herz von Tokio geht. Kenjiro Hosaka, der Direktor des Shiga-Museums für Kunst sagt über ihn: "Seine stilistischen Fingerabdrücke sind überall in dem aufwendigen Projekt zu sehen, das für die diesjährigen Olympischen Spiele entworfen wurde. Die Fassade des ovalen Bauwerks, das Herzstück der diesjährigen Spiele, ist begrünt, sodass sich eine Reihe von hölzernen Dachvorsprüngen - ein von Kuma bevorzugtes Material, das er aus Präfekturen in ganz Japan bezieht - besser in den umliegenden Garten einfügen."
Felwine Sarr (senegalesischer Autor und Wirtschaftswissenschaftler) und Bénédicte Savoy (französischen Kunsthistorikerin), haben mit ihrem Bericht über die Restitution afrikanischer Kulturgüter (Rapport sur la restitution du patrimoine culturel africain) an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Jahr 2018 die Debatte um Raubkunst in europäischen Museen entscheidend mitgeprägt. Der Architekt David Adaye sagt über die Arbeit der beiden: "Der Bericht enthält nicht nur die dringende Botschaft, dass afrikanische und asiatische Kunstwerke an ihre Herkunftsländer zurückgegeben werden müssen, sondern bietet auch einen Rahmen für die Entstehung neuer Institutionen und Räume, die die vom Westen geschaffene Machtdynamik und Objektivierung dezentrieren." Mit ihrer Kritik am Berliner Humboldt Forum, dessen Expertenrat Savoy anfangs angehörte, prägt die Kunsthistorikerin auch die Debatte um Raubkunst und Kolonialismus in Deutschland. Im Buch "Afrikas Kampf um seine Kunst" stellt sie dar, wie sich europäische Museen jahrzehntelang um das Thema Restitution gedrückt haben.