Damien Hirsts erste Retrospektive

"Es ist sehr aufregend"

Die erste Retrospektive auf die rund 25 Arbeitsjahre des umstrittenen britischen Künstlers Damien Hirst wird die Massen in die Londoner Tate Modern ziehen. Seit der heute 46-Jährige Ende der 80er-Jahre in der britischen Kunstszene auftauchte, ist er gleichzeitig geliebt, verhasst. Als Vorreiter der "Young British Artists" stieg er zum Multimillionär auf. Es folgten Vorwürfe, er lasse seine Arbeiten von Assistenten anfertigen, es gehe ihm nur ums Geld.

In der großen Schau nun könne sich jeder selber eine Meinung bilden, erklärte Hirst am Montag kurz vor der Eröffnung der Ausstellung. Er habe es lange vermieden, zurückzuschauen. „Aber jetzt, wo ich es endlich tue, ist es sehr aufregend.“ Es sei für jeden etwas dabei. Kuratorin Ann Gallagher will vor allem möglichst vielen Besuchern die Chance geben, Hirst selber zu entdecken. „Leute, die bisher nur von ihm gehört haben, können seine Sachen jetzt sehen“, sagte sie.

Los geht alles mit den künstlerischen Anfängen Hirsts in Leeds und als Kunststudent am Londoner Goldsmiths College. Schon hier legte er die Grundlagen für Werke, die ihn später berühmt machten - etwa seine Kollagen und die Punktebilder. Präparierte Fische und Schafsköpfe verweisen auf die später anstehenden größeren Projekte, wie etwa den in Formaldehyd eingelegten Hai in „The Physical Impossibility of Death in the Mind of Someone Living“ aus dem Jahr 1991.

Dass er spektakuläre Erlebnisse möglich macht, kann man Hirst schwer absprechen. So zeigt die Schau seine Installation „In and Out of Love“ aus dem Jahr 1991: In einem Raum flattern Schmetterlinge herum, vermehren und verpuppen sich an weißen Leinwänden. Für „Mother and Child, Divided“, erstmals 1993 bei der Biennale in Venedig präsentiert, schnitt Hirst eine Kuh und ein Kalb in der Mitte durch. Der Betrachter kann zwischen Glaskästen die freiliegenden Innereien betrachten.

Der Diamantenschädel als kultisches Objekt
In jeglicher Variation sind Hirsts Medizinkästen zu sehen, in denen er Medikamente entweder in Packungen oder als einzelne Pillen anordnet. Zu den jüngsten Werken gehören seine Schmetterlingsbilder aus den Jahren um 2006. Eine eigene Schau gibt es für den mit Diamanten besetzten Schädel „For the Love of God“, mit dem Hirst 2007 Aufsehen erregte. Der Abguss eines menschlichen Schädels aus dem 18. Jahrhundert ist mit mehr als 8600 edelsten Steinen besetzt. In der Turbinenhalle der Tate Modern wird er in einem schwarzen, begehbaren Kasten aufgebahrt.

Gesponsert wird die Schau von der Museumsbehörde des Emirates Katar. Sie ist Teil der Kulturolympiade, die vor und während der Olympischen Spiele in London in diesem Sommer Besucher anlocken soll. (dpa)

Tate Modern, London, bis 4. April bis 9. September. Anlässlich der großen Retrospektive stößt Monopol in der Ausgabe 4/2012 in einem Pro und Contra eine Kontroverse über den Künstler an: Wir baten zwei Kenner zum großen Kritikerstreit