Pablo Wendel produziert Strom aus Kunst

"Fördert Kunst über eure Nebenkosten!"

Herr Wendel, Sie sind Geschäftsführer von Performance Electrics. Ihr Unternehmen produziert Kunststrom. Wie geht das?

In Zusammenarbeit mit Künstlern, Designern, Architekten, aber auch Wissenschaftlern erzeugen wir seit 2012 Kunststrom in temporären Aktionen oder dauerhaften Skulpturen. Wie herkömmliche Stromanbieter speisen wir den Kunststrom dann ins öffentliche Stromnetz ein. Viele der Projekte, mit denen wir Energie gewinnen, spielen sich im öffentlichen Raum ab und haben eine guerillaartige Komponente: zum Beispiel die Varta Bande. Das ist eine Gruppe von Performern, die in Geschäften oder Banken mit ihren Akkurucksäcken Strom sammelt und anschließend als Kunststrom wieder einspeist. Für die Installation "twentyfour/seven" haben wir einen Dynamo an einer Kirchturmuhr angebracht und die Bewegungsenergie der Zeiger in Kunststrom umgewandelt.

Ihren Kunden versprechen Sie "Kunst aus der Steckdose". Was heißt das genau?

Der Verbrauch des Kunststroms bedeutet für den Kunden, dass er von einem immateriellen Kunstwerk umgeben ist, sobald er Energie verbraucht. Momentan nutzen das vor allem Museen. Die Kunst aus der Steckdose versorgt die in den Sammlungen vorhandene Kunst mit Energie – das passt bestens zusammen. Natürlich können aber auch Privathaushalte zu Performance Electrics wechseln und ihren Alltag mit Kunststrom erweitern. Jeder, der Kunststrom verbraucht, fördert über seine Nebenkosten Kunst! Wir reinvestieren zu 100 Prozent in die Förderung kreativer Energie, also in neue Kunststrom erzeugende Aktionen und Projekte.

Was hat Sie auf die Idee zu Performance Electrics gebracht?

Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht, wie ich als Künstler überleben und energietechnisch autonom arbeiten kann. Aus der Verbindung dieser beiden Themen ist meine Langzeitperformance als CEO eines Stromanbieters geworden, die jetzt schon zwei Jahre dauert. Performance Electrics verstehe ich als den Versuch, der technokratisch geführten Debatte um die Energiewende eine völlig andere Perspektive zu geben – eben durch einen künstlerischen Impuls.

Jetzt beweisen Sie das in Ihrem neuesten Projekt, einem Windpark aus Recyclingmaterial, der im Rahmen des Urbane-Künste-Ruhr-Projekts "B 1 / A 40 – die Schönheit der großen Straße" entlang der Autobahn A 40 entsteht.

Die Windskulpturen setzen das Energiepotenzial der Wegstrecke in Kunststrom um. Die Materialien, die an der Autobahn zu finden sind, werden direkt transformiert – Straßenleitpfosten als Rotorblätter, ein Laternenpfahl als Mast. Die Wind­skulpturen sind auch technisch sehr anspruchsvoll: In der Forschung und Entwicklung hat uns die Kulturstiftung des Bundes, in der Umsetzung die RWE Stiftung unterstützt.

"B 1 / A 40", 14. Juni bis 7. September, Informationen unter: www.b1a40.de

Dieser Artikel erschien im Monopol-Kunstführer Rheinland 2014. Sie können das Heft hier bestellen.