Fit for Femme: Das Centre Pompidou zeigt ausschließlich Werke von Frauen

Warum geben Museen Millionen für Neubauten aus, in die sie teure Gemälde weißer, männlicher Genies hängen, statt gute Bilder von Künstlerinnen zu kaufen? So simpel-suggestiv fragten die Guerilla Girls 1985 – und rechneten beispielsweise dem Museum of Modern Art vor, dass nur fünf Prozent seiner Werke von Frauen gemacht waren.


Jetzt hängen die Guerilla Girls selbst in einem Museum, umgeben von lauter Kunst von Frauen. Das Pariser Centre Pompidou hat seine Neupräsentation der Sammlung – die zweitgrößte moderner und zeitgenössischer Kunst weltweit – unter dem Motto „elles@centrepompidou“ komplett den Frauen reserviert. Ein radikaler Schritt, den es vor wenigen Jahren noch nicht hätte machen können. 40 Prozent der Werke von Künstlerinnen, die es besitzt, wurden erst in den vergangenen vier Jahren erworben. Jetzt umfasst die Kunst von Frauen gut 17 Prozent der Werke in der Sammlung.


Genug jedenfalls für einen Pantheon aus 200 Künstlerinnen, von Sonia Delaunay über Louise Bourgeois bis zu den Guerilla Girls. In einigen Räumen werden die Pionierinnen gewürdigt, neben Delaunay auch Frida Kahlo und Germaine Richier.


Die Kunst seit dem Zweiten Weltkrieg wird dagegen thematisch erschlossen. Niki de Saint Phalle macht mit ihren berühmten Schießperformances aus den 50er-Jahren den Auftakt: „Feuer frei“ heißt dieses erste Kapitel der Schau, weitere tragen die Titel „Denkerinnen“ oder „Amazonen“, „Verletzungen“ oder das „Zimmer für sich“.


Man entdeckt Experimentierfreude, wie in Nancy Wilson-Pajics „Triptyque lumière“ (1970–1971), oder Radikalität, wie in Sanja Ivekovi´cs „Personal Cuts“ (1982), und natürlich sind bekannte Namen von Cindy Sherman über Annette Messager bis zu Marlene Dumas vertreten. Aber: Starke Frauen werden isoliert, es mangelt, trotz ausgiebiger Texttafeln, an Kontexten.


Eine schöne Alternative ist da die kleine Ausstellung „Au féminin“ im privaten Pariser Kulturzentrum Calouste Gulbenkian. Dort erzählen 100 Fotografinnen mit 140 beeindruckenden Werken die Geschichte der Fotografie neu – auch dies mehr als eine kunsthistorische Fußnote, und die Besuchermassen, die das Centre Pompidou zu durchpflügen pflegen, sind weit entfernt.

 

 

„elles@centrepompidou“, Centre Pompidou,

Paris, bis 24. Mai 2010. „Au féminin“,

Centre Culturel Calouste Gulbenkian, Paris, bis 29. September