Spurensuche in der nuklearen Zone

Fukushima - ein Jahr danach

Takashi Homma hat stets Abstand zu seinen Sujets gewahrt. Aus Porträtaufnahmen eines kleinen Mädchens tilgte er jede Expressivität, indem er sie mit Tokioter Vorstadtansichten mischte. Er fotografierte Blutspuren von auf der Jagd erschossenen Tieren als zauberhafte abstrakte Farbflächen. Ein anderes Mal mussten die Besucher einer Ausstellung Ferngläser benutzen, um die Bilder des renommierten japanischen Fotografen sehen zu können.

Knapp ein Jahr nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima ist Homma jetzt in die Umgebung um das Kernkraftwerk gereist. Nach dem schwersten Seebeben in der Geschichte des Landes hatte ein Tsunami am 11. März 2011 weite Teile der Nordostküste überflutet. Mehr als 15 000 Menschen starben. In Fukushima kam es zum Super-GAU, rund 80 000 Menschen wurden dauerhaft evakuiert. Nichts davon ist in Hommas Aufnahmen zu sehen oder nur zu ahnen.

Ausgestattet mit einer Kamera und einem Geigerzähler, streifte Homma durch die Wälder rund um Fukushima und fotografierte Pilze. „Sechs Monate nach dem Unglück hat die japanische Regierung das Sammeln und den Verzehr von Pilzen aus der Präfektur verboten, da in Proben überhöhte Strahlenwerte entdeckt worden waren“, sagt Homma über seine Serie „Mushrooms from the Forest“.

Wo er auf Exemplare stieß, baute Homma eigens ein mobiles Studio im Wald auf, daher wirken die Pilze frisch, sauber und harmlos –  aber zugleich steril wie Studienobjekte in einem Labor. Vom Wald, einst Schutz-  und Nährraum des Menschen, zeigt uns Takashi Homma kaum etwas –  überhaupt gibt es in seinen Aufnahmen keine Tiefe, keinen Hintergrund, keine Erklärungen. Es ist seine Art, einer Katastrophe zu gedenken, die die Vorstellungskraft übersteigt, und vor einer Gefahr zu warnen, die unsichtbar ist.