Medienschau

"Gegenständliche Malerei kehrt zurück"

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Eine Ai-Weiwei-Schau wird wegen eines Tweets zum Nahostkonflikt verschoben, Streit um geplante Ausstellung in Berlin über muslimisches Leben und Karl Ove Knausgård über Anselm Kiefer: Das ist unsere Presseschau am Dienstag

Nahostkonflikt

Die Lisson Gallery hat eine Ausstellung von Ai Weiwei in London wegen eines Tweets des chinesischen Künstlers auf Eis gelegt, berichtet die "Art Newspaper". Die Zeitung zitiert den Post, den Ai als Antwort auf die Frage eines Followers auf X veröffentlichte und den er inzwischen gelöscht hat: "Das Schuldgefühl im Zusammenhang mit der Verfolgung des jüdischen Volkes hat sich bisweilen auf die arabische Welt übertragen. Finanziell, kulturell und in Bezug auf den Einfluss der Medien ist die jüdische Gemeinschaft in den Vereinigten Staaten stark vertreten. Das jährliche 3-Milliarden-Dollar-Hilfspaket für Israel wird seit Jahrzehnten als eine der wertvollsten Investitionen der Vereinigten Staaten angepriesen. Diese Partnerschaft wird oft als 'gemeinsames Schicksal' bezeichnet." Es sei noch nicht klar, ob die Ausstellung von Ai nun verschoben oder ganz abgesagt werde. Ein Sprecher der Lisson Gallery sagte der Zeitung, die Angelegenheit sei "noch in der Diskussion", da sich die Vorlaufzeiten für Ausstellungen oft über Jahre erstrecken. Laut einer Erklärung der Galerie gab es nach dem Online-Kommentar "ausführliche Gespräche" mit Ai.

Auch eine Fotografie-Ausstellung des Berliner Künstlers Raphaël Malik über muslimisches Leben in der deutschen Hauptstadt wird abgesagt, berichtet Eva Maria Braungart in der "Berliner Zeitung". Der Grund: Die Foto-Serie solle wegen der aktuellen politischen Lage nicht "ohne Gegenpol“ gezeigt werden. Der Berliner Künstler postete die Absage des Ausstellungsortes, den er nicht nennt, auf Instagram


Kunstmarkt

Im "Handelsblatt" spricht Susanne Schreiber mit Art-Cologne-Chef Daniel Hug über die aktuelle Ausgabe der Kunstmesse, die diese Woche in Köln eröffnet. Bemerkenswert, wie Hug die Kunstmarkttrends herunterbricht: "Sehr präsent sind Kunstwerke von Künstlerinnen sowie von LGBTQ, von Stimmen außerhalb des eurozentrischen Spektrums. Auch gegenständliche Malerei kehrt zurück. NFT-Kunst hat sich hingegen verlangsamt. Man spürt in der Branche, dass das Interesse an Malerei wieder zunimmt."

Museen

Seit drei Jahrzehnten ist das Ölunternehmen British Petroleum (BP) nun schon Sponsor der Londoner National Portrait Gallery und finanzierte nicht nur Teile der Sammlung, sondern ermöglichte auch den kostenfreien Eintritt. Im Kontext des steigenden Umweltbewusstseins wird diese für das Museum lukrative Verbindung zu BP seit einigen Jahren stark kritisiert. Nun will das Museum seinen Porträtpreis, der bisher ebenfalls von BP gesponsert wurde, von der Anwaltskanzlei Herbert Smith Freehills fördern lassen, berichtet der "Guardian". Das Problem: Zu den Kunden der Kanzlei gehören BP und andere Ölkonzerne. Klimaaktivisten kritisierten deshalb gegenüber der Zeitung die neue Vereinbarung: "Es besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen der Annahme ethischer privater Gelder zum Wohle der Allgemeinheit und diesem Fall, in dem eine nationale Kultureinrichtung schmutziges Geld von einem Ermöglicher der fossilen Brennstoffindustrie annimmt und dann dazu beiträgt, ihr Image zu 'waschen'", sagte ein Sprecher der Organisation Culture Unstained. 

Literatur

Anselm Kiefer bekommt dieser Tage  viel Aufmerksamkeit: Nachdem das Filmporträt von Wim Wenders über den deutschen Künstler in die Kino kam, erscheint nun ein Buch des norwegischen Schriftstellers Karl Ove Knausgård über die Kunst des Malers und Bildhauers. "Das schmale Buch, das Knausgård jetzt veröffentlicht, handelt von dem Versuch, sich Kiefer zu nähern, ihn zu verstehen: den Künstler als Menschen, aber auch seine Kunst - und nicht nur seine Kunst, sondern auch die Kunst schlechthin", schreibt Thomas Steinfeld in der "SZ" über "Der Wald und der Fluss". 

Apropos Knausgård: Dessen Lehrer, der diesjährige Literaturnobelpreisträger Jon Fosse, hat die Pressekonferenz zur Übergabe der Auszeichnung am 10. Dezember abgesagt. Er habe alle Programmpunkte, bei denen die Teilnahme für Literaturnobelpreisträger nicht verpflichtend sei, abgelehnt, schrieb Fosse in einer E-Mail an die norwegische Zeitung "VG". Die Schwedische Akademie habe ihm mitgeteilt, dass er auf die Pressekonferenz verzichten könne, weil er bereits so viele Interviews gegeben habe. Die Nobelstiftung teilte mit, auch alle weiteren Interviews mit Fosse seien abgesagt worden. Der einzige Programmpunkt, den Fosse als Literaturnobelpreisträger absolvieren müsse, sei seine eigene Nobelvorlesung, sagte Pressesprecherin Rebecka Oxelström laut "VG". Diese werde er am 7. Dezember halten. Über alles andere könne er selbst entscheiden. Fosse werde auch mit Schülern über seine Arbeit sprechen. Der 64-Jährige versicherte, sein zusammengestrichenes Programm bedeute keineswegs, dass er den Nobelpreis nicht schätze. Andere Schriftsteller seien nicht einmal zur Preisübergabe gekommen. Er selbst freue sich schon jetzt am meisten auf den Augenblick, an dem er das Programm zur Preisverleihung hinter sich habe. "Größere gesellschaftliche Zusammenkünfte bereiten mir keine Freude, im Gegenteil", schrieb er.