Dresden

Geständnisse im Prozess um Diebstahl aus Dresdner Grünem Gewölbe

Der Diebstahl historischer Juwelen aus der sächsischen Schatzkammer hat nicht nur die Kunstwelt schockiert. Die Ermittler vermuteten früh Clankriminalität - im Prozess am Dresdner Landgericht haben Tatverdächtige nun ausgepackt

Der einzigartige Grüne Diamant im Dresdner Grünen Gewölbe hat die Juwelendiebe auf die Idee zum Einbruch ins Residenzschloss gebracht. Eine Person habe nach einer Klassenfahrt begeistert davon erzählt, sagten zwei der sechs Tatverdächtigen am Dienstag im Prozess am Landgericht Dresden. Im Zuge eines sogenannten Deals gestanden sie und ein weiterer Angeklagter ihre Beteiligung an dem spektakulären Coup und berichteten von Vorbereitung und Ablauf. Ein 29-Jähriger bekannte, den Schmuck aus dem Juwelenzimmer im Erdgeschoss gestohlen zu haben. Für diesen Teil des Museums hatten sich die Täter wegen der leichteren Zugänglichkeit entschieden.

Der Einbruch in das berühmte sächsische Schatzkammermuseum am Morgen des 25. November 2019 war einer der spektakulärsten Kunstdiebstähle in Deutschland. Seit Ende Januar 2022 müssen sich die Brüder und Cousins zwischen 23 und 29 Jahren aus der bekannten arabischstämmigen Großfamilie wegen schweren Bandendiebstahls, Brandstiftung und besonders schwerer Brandstiftung verantworten.

"Ich war nicht nur in Dresden, sondern selbst in den Räumen des Grünen Gewölbes", sagte der älteste Angeklagte und korrigierte seine Angaben vom März 2022. Sein Tatbeitrag sei "deutlich gewichtiger", er früher und tiefer involviert gewesen. Als er angesprochen wurde, ob er mitmachen wolle, habe der Tatplan gestanden. Er sei über ein Jahr entwickelt worden. "Die Idee war nicht von mir".

Einbruch zu einfach gemacht

Sein Auftrag sei gewesen, "mit einer nicht angeklagten Person" durch ein zuvor präpariertes Fenster in das Museum zu klettern, eine Vitrine im Juwelenzimmer zu zerschlagen und Schmuck zu stehlen. "Ich bin derjenige mit der Taschenlampe, der andere hat mir gesagt, wo es langging." Hilfe von Insidern gab es seines Wissens nicht. Man habe zufällig Pläne zur Stromversorgung der Gebäude gefunden, die Sicherheit sei bei Vorab-Touren nach Dresden ausgetestet worden. "Ich wunderte mich, dass man sich so frei und unbemerkt dort bewegen konnte." So passierte auch nichts, als sie vor der Fassade herumhüpften.

Ein 23-Jähriger erzählte, dass er als Erster an einen Einbruch ins Grüne Gewölbe gedacht habe, als ein Bekannter ihm ein Foto des Grünen Diamanten schickte und darunter schrieb: "Guck mal, wie krass!" Nach einem Ausflug in das Museum aber wurde seine Idee verworfen, auch weil "die Klunker" unverwertbar seien. Als er später davon hörte, dass "andere Mittäter" genau das planten, sei er verärgert gewesen. Aber: "Ich wollte unbedingt dabei sein", sagte der 23-Jährige. Über Konsequenzen habe er nicht nachgedacht.

"Es war ein echtes Abenteuer, eine Art Mutprobe und Gelegenheit, mich gegenüber den anderen zu beweisen." Er sei mehrmals mit nach Dresden gefahren, auch in der Nacht, als ein Teil des Fenstergitters herausgetrennt und mit Klebeband fixiert wurde. "Das war schon sehr laut, das Schneiden, es funktionierte offenbar perfekt, kaum zu glauben." Er habe "Schmiere" gestanden, wie dann auch in der Tatnacht. Mehr war nicht drin, sagte der schlanke, durchtrainierte Angeklagte, "ich wog damals 120 Kilo". Nach seinen Angaben waren sie zu sechst - und er hat den Sack mit der Beute ins Auto geworfen.

Größenwahnsinniger Überfall

Man habe diesen Diebstahl mit dem Coup aus dem Film "Oceans Eleven" und der Olsenbande verglichen, sagte ein 26-Jähriger, der derzeit seine Jugendstrafe wegen des Goldmünze-Diebstahls aus dem Bode-Museum Berlin 2017 verbüßt. Er gab zu Protokoll, dass er dadurch in seinen Kreisen Aufwertung erfahren hat, plötzlich "der Meisterdieb gewesen ist, mit dem alle reden und feiern wollten", inklusive Drogen. Und dann lockte der nächste Coup: das Grüne Gewölbe. "Ich war größenwahnsinnig geworden", bekannte er.

Er habe sich bei einem Besuch im Museum die Sicherungstechnik genau angesehen. Beim Auskundschaften des Tatorts habe sich herausgestellt, dass ein Fenster wegen des Balkons davor nicht vom Fassaden-Scanner erfasst wurde - und der Plan wurde für durchführbar gehalten. Er habe Geld für Drogen gebraucht, da sein Anteil aus dem Goldmünze-Diebstahl aufgebraucht war. Mit Kokain im Blut legte er dann auch den Brand im Stromverteiler der Dresdner Altstadt, um Licht und Alarm auszuschalten.

Nach Vorgesprächen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft waren kurz vor Weihnachten die meisten Schmuckstücke über einen Anwalt des 29-Jährigen zurückgegeben worden. Vier der sechs Angeklagten hatten der vor einer Woche auch mit dem Gericht geschlossenen Verständigung über mildere Strafrahmen zugestimmt, der fünfte lehnte das ab. Voraussetzung dafür sind "glaubhafte" und umfassende Geständnisse. Das vierte soll am Freitag folgen, dann will die Strafkammer die jungen Männer auch befragen. Einer der sechs Angeklagten streitet eine Beteiligung mit Verweis auf ein Alibi ab.

Die beiden jüngeren Geständigen zeigten sich geläutert nach über zwei Jahren im Gefängnis mit Zeit zum Nachdenken. Ihnen sei inzwischen die Bedeutung der Schmuckstücke klar geworden. "Ich habe alles dafür getan, dass Schmuckstücke zurückgegeben werden konnten", erklärte der 23-Jährige. Das betonte auch der 29-Jährige. Sie hätten die Beute abgegeben und das, was noch da war, zurückgegeben. "Mehr steht nicht in meiner Macht."