Künftiger Lagerort offen

Gurlitt soll Hunderte Werke zurückbekommen

Berlin/München (dpa) - Im Streit um den Münchner Kunstfund zeichnet sich ein erster konkreter Fortschritt ab. Der Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt soll möglichst bald rund 300 seiner von der Staatsanwaltschaft Augsburg beschlagnahmten Bilder zurückbekommen. «Es werden wohl circa 310 Gemälde sein, die zweifelsfrei Eigentum des Beschuldigten sind», sagte Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz der «Süddeutschen Zeitung» (Donnerstag). Die Überprüfung der beschlagnahmten Werke soll spätestens kommende Woche abgeschlossen sein.

Wie die Übergabe dann praktisch ablaufen soll und wo der 80-jährige Gurlitt seine Bilder künftig lagern könnte, ist offen. Dazu war die Staatsanwaltschaft am Donnerstag zunächst nicht zu erreichen. Der Sprecher des bayerischen Justizministeriums konnte über die Rückgabe-Pläne keine Auskunft geben.

Wenn Gurlitt einen Teil seiner Bilder zurückbekommt, muss er laut dem auf Kunst spezialisierten Berliner Anwalt Matthias Druba für die Kosten wohl selbst aufkommen. «Jeder Eigentümer muss für seine Gegenstände selbst sorgen - das gilt auch für Kunst», sagte Druba am Donnerstag. Hilfe von Landesseite habe Gurlitt nur zu erwarten, «wenn der Freistaat mit der Veröffentlichung zu einem erhöhten Sicherheitsbedarf für die Bilder von Gurlitt beigetragen hat und er dies nicht hätte tun dürfen, dann muss der Freistaat Herrn Gurlitt unterstützen». Ob Bayern die Grenze überschritten habe, sei zu prüfen.

Wie hoch die Kosten für die Unterbringung von etwa 300 Kunstwerken sind, hängt vom Wert und der Größe ab. Für eine Sammlung im Wert von einer Million Euro würden etwa 200 Euro Versicherungsgebühren anfallen, sagte ein Kundenberater einer Berliner Kunstspedition, der namentlich nicht genannt werden wollte. Hinzu kommen die Kosten für eine bewachte und klimageschützte Lagerung: Für rund 300 Bilder wären je nach Verpackung 20 bis 25 Quadratmeter Fläche notwendig. Ein Quadratmeter koste zwischen 10 und 13 Euro monatlich.

Steuerfahnder und Staatsanwälte hatten die etwa 1400 Werke umfassende Bildersammlung von Gurlitt im Frühjahr 2012 in seiner Münchner Wohnung beschlagnahmt, darunter viele Werke der klassischen Moderne. Zwei Wochen nach Bekanntwerden des Fundes hatte die Behörde am Dienstag erklärt, sie wolle Gurlitt Hunderte Bilder zurückgeben - allerdings nur Kunstwerke, die nicht im Verdacht der NS-Raubkunst und zweifelsfrei im Eigentum des 80-Jährigen stehen.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte die geplante Rückgabe. «Nachdem die ganze Sache über 18 Monate hinweg fast konspirativ behandelt wurde, ist nun der Schnellschuss einer pauschalen Rückgabe sicher auch der falsche Weg», kritisierte der Präsident Dieter Graumann in der «Süddeutschen Zeitung». Bei möglicher Raubkunst sei Sensibilität und Verantwortung gefragt. Es gehe «nicht nur um den Rechtsanspruch auf Restitution», die Sache besitze auch eine «moralische und historische Dimension». Es liege nun in der Verantwortung der Politik, «den Opfern von damals zur Würde von heute zu verhelfen». Der Jüdische Weltkongress hatte zuvor eine Änderung der Verjährungsfristen gefordert, um die Rückgabe von NS-Raubkunst zu erleichtern.

Die von der Bundesregierung geschaffene Expertenkommission soll herausfinden, bei welchen Kunstwerken aus Gurlitts Wohnung in München-Schwabing es sich um NS-Raubkunst handelt - möglicherweise sind es 590. Die Taskforce wollte noch diese Woche weitere Werke auf der Datenbank www.lostart.de einstellen.