Kunsthalle zu Kiel

Hochspannung



Eine komplette Woche war die in Berlin lebende Japanerin damit beschäftigt, zusammen mit einer Assistentin ihren „Stairway“ in der Kieler Kunsthalle zu installieren. Kilometerlang spannen sich jetzt schwarze Wollfäden im rund 80 Quadratmeter großen Durchgang zwischen Treppenhaus, Sammlung und Graphischem Kabinett, fixiert mit fast unsichtbaren kleinen Klebepunkten an Wand, Boden, Decke.

Einbezogen ins Geflecht hat Chiharu Shiota acht weiße, eigentlich miteinander unverbundene Stufen. So entstand eine dreidimensionale Zeichnung, die bei aller formalen Eleganz auch traurig stimmt. Shiotas „Stairway“ als „Stairway to Heaven“ zu deuten liegt daher nahe – ohne das große Pathos allerdings, das die britischen Hardrocker von Led Zeppelin Anfang der 70er-Jahre im gleichnamigen Song verbreiteten.

Die 1972 in Osaka geborene Shiota studierte in Deutschland bei Marina Abramovic und Rebecca Horn und ist genauso für ihre an körperliche Grenzen gehenden Performances bekannt. Mit dieser Installation greift sie auf Material zurück, das sie seit Mitte der 90er immer wieder eingesetzt hat. Einen Flügel, ein Hochzeitskleid und Krankenhausbetten hat Shiota schon in Kokons wie diese eingearbeitet, für die Berliner Choreografin Sasha Waltz entwarf sie 2011 ein Bühnenbild mit ähnlichen schwarzen Fäden.

Anette Hüsch, seit Ende 2010 neue Direktorin der Kieler Kunsthalle und damit ebenfalls Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Kunstvereins, startete mit Shiotas Intervention eine neue Ausstellungsreihe, die dem Kunstverein, der über keine eigenen Räume verfügt, wieder mehr Sichtbarkeit verschaffen soll. Der Anfang ist schon mal geglückt, so melancholisch er womöglich wirken mag.