A Guiding Light

"Ich bin schwanger – von Dir!"

Als ich die Ankündigung zum neuen Film von Liam Gillick und Anton Vidokle las (ich kenne die Arbeiten der beiden Künstler und mag sie zugegebenermaßen), erwartete ich das Unerwartete: eine Erzählung ohne Pointe oder Auflösung, keine Waffen, keine Drogen, kein “Whodunnit”-Film – und definitiv kein Sex. Aber diesmal vielleicht ein paar herzerweichend bescheuerte Liebesszenen? Ja, wenn diese mal in die ziemlich undeutlich abgegrenzten Bastionen der Kunstströmungen der “relational aesthetics” und der Institutionskritik eindringen würden – das wär’s doch.

Was also stand in der Ankündigung? Dass ein Text, der die amerikanische Seifenoper „A Guiding Light”,  analysiert, auf eine Konferenz-Situation angewendet wird, in der über die Shanghai-Biennale diskutiert wird. Okay. Klingt eigentlich schon seltsam genug, nach intelligenter Comedy. Mir kamen schon Visionen dieses thailändischen Wie-hieß-er-noch-Typen, der Fassbinderfilme nachinszenierte, in denen die Charaktere in übertrieben dramatischer Art miteinander sprachen, dabei aber absurderweise die eher trockene Terminologie des Kunstdiskurses kultivieren.

Tony: Was konstituiert das Bild des Zeitgenössischen?
Sharon: Ich weiß nicht, wie ich es Dir sagen soll, aber ich versuche mein Bestes, und ich hoffe, Du verstehst, dass ich nicht zeitgenössisch bin, Tony, aber ich bin schwanger – von Dir!

Was man dann stattdessen sah, als der Film in der vergangenen Woche im Berliner Kino Babylon Premiere feierte: Schauspieler in einer Black Box, wo die Probe schon das Stück ist. Soll heißen: Vom Soap-Opera-Prinzip ist nicht viel zu sehen. Das muss man schon vorher wissen. Aber obwohl ich es vorher wusste, frage ich mich: Was sind eigentlich die redaktionellen Tricks bei der Seifenoper-Produktion? Sicher nicht das Filmemachen als solches. Eher schon werden in Soap Operas bestimmte Erzählstrukturen deutlich. Nimm eine Rolle, schreibe ihr dramatische Fragen ins Skript und gehe dann direkt zur Werbeunterbrechung. Danach zögerst du das Drama noch weiter hinaus. Behalte immer ein Geheimnis für dich und halte das Ganze möglichst flach: Wer tötete Chamberlain, wer schlief mit Clara, und warum hat Blaire auf einmal ihr Vermögen verloren?

Trotz der fehlenden Dramaturgie hat sich das Unternehmen „A Guiding Light” gelohnt. Ironisch genug, dass Vidokle und Gillick ziemlich gut das beherrschen, was sie eigentlich kritisieren. Man fragt sich aber: Wenn man mal anfängt, sich über sich selbst lustig zu machen, was folgt dann daraus? Das bleibt absichtlich unklar. Vielleicht ein Neubeginn, ein “Leuchtfeuer” im Wortsinn. Wenn nur mehr Regenbögen zu sehen gewesen wären …