Blain und Norton über Seditionart.com

iKunst: Digitale Editionen zu Dumpingpreisen

Die Musik- und Filmindustrie hat unter der Digitalisierung gelitten, der bildenden Kunst steht das womöglich noch bevor. Ist Ihr neues Online-Projekt Seditionart.com, bei dem man legal und günstig digitale Editionen von bekannten Künstlern kaufen kann, ein Versuch, dieses Problem vorsorglich anzugehen?
Harry Blain: Absolut. Das war ein ganz wichtiges Thema, als wir auf die Künstler zugekommen sind. Es wird natürlich immer schlechte Kopien von Kunstwerken im Internet geben. Unser Projekt gibt den Künstlern ihre Autorenschaft zurück und fokussiert auf Echtheit und Rarität.
Robert Norton: Kunst wird gesammelt, und deshalb ist die Verbindung von Besitzer und Kunstobjekt wichtig. Sedition soll diese Verbindung stärken. Jede Edition ist limitiert, vom Künstler signiert und immer wieder auf seinen Besitzer zurück verfolgbar.

Herr Norton, Sie waren zuvor Geschäftsführer bei Saatchi Online. Nach der diesjährigen ersten Ausgabe von VIP Art Fair und der Ankündigung des Projekts Art.sy  – wie würden Sie die Verbindung zwischen Digitalisierung und Kunst bewerten?

Norton: Ich bin seit Mitte der 90er-Jahre in digitale Medien involviert. Die Kunst ist eines der letzten Felder, die sich noch mit dem Internet anfreunden müssen. Mit der technischen Entwicklung der letzten Jahre kann es jetzt aber zu einem emotionalen und bedeutenden Moment werden, Kunst auf einem Bildschirm wahrzunehmen. So wie man heute ganz natürlich Musik auf seinem Computer hat, so wird es auch mal mit der Kunst sein.

Sedition ist transparent und integriert soziale Netzwerke: Mitglieder können Fotos hochladen, sie können Kaufprozesse, Wunschlisten und Sammlungen anderer Mitglieder beobachten. Wieso haben Sie sich entschieden, all diese Informationen preiszugeben?
Norton: Es kommt letzten Endes darauf an, wie viel die einzelnen Mitglieder von sich publik machen möchten. Man kann die Editionen zwar nicht komplett anonym erwerben, aber es ist möglich, das Profil auf „Privat-Sammlung“ umzustellen und es somit vor der Öffentlichkeit zu verbergen.

Als Käufer bekommt man auch ein vom Künstler unterschriebenes Zertifikat, das einen als Eigentümer ausweist. Hat es auch außerhalb der virtuellen Welt einen Wert?
Blain: Nein, sie sind ausschließlich für die digitale Sedition-Plattform gedacht. Dort bietet sich dann die Möglichkeit, die Editionen für einen beliebigen Preis wiederzuverkaufen oder sie gegen andere einzutauschen.

Herr Blain, als Galerist handeln Sie vor allem mit materiellen Kunstwerken. Wie kann digitale Kunst das Fehlen von Stofflichkeit kompensieren?

Blain: Ich denke nicht, dass digitale Kunst etwas kompensieren muss. Es gibt digitale und physische Kunst, aber beide sind autonom. Ich arbeite etwa schon lange mit Bill Viola. Seine Kunst war immer digital. Meine Galerie ist aber vollkommen getrennt von dem Sedition-Projekt, wobei es natürlich hilfreich ist, meine Kontakte zu nutzen.

Nach dem Kauf einer Edition informiert sogleich eine Bestätigungsmail mit dem Satz „Ihre Kunst ist fertig". Klingt das nicht ein bisschen nach: „schnell, billig und schlechte Qualität“?
Blain: Vielleicht sollten wir den Satz ändern.

Zum Start von Sedition sind neun zeitgenössische und bekannte Künstler auf der Seite repräsentiert. Wie viele Künstler sollen es denn werden?
Norton: Jeden Monat werden ein bis zwei neue Künstler dazukommen. Wir haben bereits die Editionen von zehn weiteren. Der ganze Prozess dauert aber immer recht viel Zeit, weil die Künstler entweder ihre Werke digitalisieren oder eigens für Sedition digitale Kunst kreieren müssen.

Wo sehen Sie Sedition idealerweise in zehn Jahren?
Blain: Wenn es funktioniert, dann vergrößert er hoffentlich das kunstinteressierten Publikum. Und natürlich müssen die digitalen Editionen verkauft werden, damit es Sedition in zehn Jahren noch gibt.

www.seditionart.com ist am Donnerstag um 12 Uhr gestartet