Jeff Koons

 

Die erste Doppelseite zeigt Assis­tenten bei der Arbeit, die zweite eine dieser glänzenden Skulpturen, einen Elefanten mit blauem Rüssel, lila Ohren und gelbem Bauch. Erst danach erscheint der Künstler selbst: Jeff Koons, auf einem Stuhl sitzend, die Hosen so kurz, wie nur er sie tragen kann, und im Gesicht dieses Zahnarztlächeln, das der Sohn eines Möbelverkäufers schon als Fünfjähriger beherrschte. Man kennt die Form von Understatement, mit der die hantelschwere Monografie aufmacht, von den Oscarpreisträger-Reden. Zunächst wird dem Team gedankt, dann die Familie gepriesen, schließlich strahlt der Sieger sein Lächeln in den Saal.
Kein Zweifel: Jeff Koons ist inzwischen so unangreifbar, dass er sich – zumindest kurz – in die zweite Reihe stellen kann.
Jeder weiß, er lässt seine Werke von einer Heerschar Assis­tenten produzieren, in bester Factory-Tradition. Auch Kitsch wirft ihm keiner mehr vor. Und was will man gegen einen Künstler sagen, der sein Dauergrinsen zu Beginn des Bands mit den Worten untermalt: „Meine Arbeiten helfen Leuten dabei, sich wohl in ihrer Haut zu fühlen.“
Wann Koons welche Glückspille auf den Markt warf, illustriert die Monografie in weitgehend chronologischer Folge: 1979 trat er mit aufblasbaren Blumen und Häschen in die Kunstwelt ein, es folgten die Staubsaugerskulpturen, die Basketbälle in Wassertanks, die „Made in Heaven“-Serie mit dem Pornostar Cicciolina, Plastiken aus Blumen und Edelstahl und ab 2005 „Hulk“, seine bislang letzte Reihe.
Essays ordnen die Arbeiten zwischen Duchamp und Dalí, Donald Judd und Andy Warhol, Buster Keaton und Walt Disney ein, doch sie kommen glücklicherweise fast genauso schnell zur Sache wie die Kunst selbst: Ingrid Sischy etwa beschreibt, wie 2006 neben dem ersten Neubau am Ground Zero Koons’ tiefrote Edelstahlskulptur „Balloon Flower“ vorgestellt wurde. So unterschiedlich die Reaktionen auf die Figur ausfielen – alle Besucher, erklärt Sischy, hätten sich darauf geeinigt, dass sie „etwas Positives ausstrahlt. Das wehrhafte, auf alles vorbereitete Gebäude, vor dem sie steht, kann das nicht leisten.“ Ein weiteres Kennzeichen Koons’: Man darf seinen Werken ruhig naiv begegnen.
Drei Jahre später scheint nichts passender, als an ihm ein Exempel für den unanständigen Kunstboom zu statuieren. Doch auch das zeigt dieses Buch: Sein Schaffen, das stets für unbedingte Gegenwärtigkeit gelobt wurde, gewinnt rückblickend beinahe noch an Größe. Ist die Zeit für Künstlerstars, für Rekordpreise, für affirmative Pop-Art nicht längst vorbei? Fragen wie diese sind für Jeff Koons schlicht zu klein.

 

Hans Werner Holzwarth (Hg.): „Jeff Koons“. Taschen Verlag,
592 Seiten, 49,99 Euro