TV-Beitrag "Männerwelten"

Sexismuskritik zur Prime-Time

Standbild aus den 15 Minuten freier Sendezeit, die sich Joko Winterscheidt und und Klaas Heufer-Umlauf bei ProSieben erspielt haben: Die Autorin und Journalistin Sophie Passmann (l) und Moderatorin Palina Rojinski vor Genitalbildern im Gespräch in der fingierten Kunstausstellung "Männerwelten"
Foto: ProSieben/dpa

Standbild aus den 15 Minuten freier Sendezeit, die sich Joko Winterscheidt und und Klaas Heufer-Umlauf bei ProSieben erspielt haben: Die Autorin und Journalistin Sophie Passmann (l) und Moderatorin Palina Rojinski vor Genitalbildern im Gespräch in der fingierten Kunstausstellung "Männerwelten"

Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf haben bei ProSieben wieder 15 Minuten freie Sendezeit erspielt und sie diesmal genutzt, um in Form einer Ausstellung auf sexuelle Übergriffe gegen Frauen aufmerksam zu machen

Die Autorin und Journalistin Sophie Passmann führte in dem ab 20.15 Uhr bei Pro Sieben gezeigten Beitrag - im Auftrag von Joko und Klaas, wie sie sagte - durch eine fingierte Kunstausstellung namens "Männerwelten", um verschiedene Facetten des Themas anzusprechen. "Es wird hart, es wird bitter und für manche kaum zu glauben, aber wir müssen da jetzt gemeinsam durch", sagte Passmann zu Beginn.

Anschließend ging es etwa um Genitalbilder ("Dick Pics"), die viele Frauen im Internet ungefragt von Männern zugeschickt bekommen. Sie finde dies "einfach unter aller Sau" und "verstörend" sagte dabei die Moderatorin Palina Rojinski im Gespräch mit Passmann. "Das grenzt an virtuellen Missbrauch." Fernsehmoderatorin Jeannine Michaelsen, Rapperin Visa Vie und Model Stefanie Giesinger trugen Hasskommentare vor, mit denen sie in sozialen Netzwerken beleidigt worden sind. Schauspielerin Collien Ulmen-Fernandes und Entertainerin Katrin Bauerfeind präsentierten außerdem übergriffige Chatverläufe.

"Das werden heute die wohl speziellsten 15 Minuten, die wir je gesendet haben. Nichts für schwache Nerven", hatte Klaas Heufer-Umlauf den Beitrag bei Twitter angekündigt. In ihrem gemeinsamen Twitter-Account schrieben Joko und Klaas mit Blick auf die Corona-Pandemie: "Fast die Hälfte aller Frauen in Deutschland wurde schon einmal sexuell belästigt. Auch in den aktuellen Krisenzeiten dürfen andere wichtige Themen nicht untergehen."

Die beiden haben mit ihrer Sendung "Joko & Klaas Live" bereits mehrmals Aufsehen erregt. Hintergrund ist die Show "Joko & Klaas gegen ProSieben", bei der sie beiden gegen ihren Arbeitgeber antreten und sich 15 Live-Minuten zur besten Sendezeit erspielen können - laut ProSieben eine Viertelstunde Fernsehen, bei der vorher niemand weiß, was passiert.


Bereits zum Show-Auftakt im Mai 2019 hatten Winterscheidt und Heufer-Umlauf ihre gewonnene Sendezeit nicht - wie womöglich von vielen Zuschauern erwartet - für Comedy genutzt. Stattdessen gaben sie drei Menschen Raum, um über die Themen Flüchtlingshilfe, Obdachlosigkeit und Kampf gegen Rechtsextremismus zu sprechen.

Auf Twitter wurde der Beitrag jedoch auch dafür kritisiert, dass er zu wenig inklusiv sei und das Thema zu sehr aus einer privilegierten weißen Perspektive angehe. So twitterte beispielsweise die Rapperin und Autorin Lady Bitch Ray: 

Außenminister Heiko Maas hat den Fernsehbeitrag hingegen gelobt. Bei Twitter bedankte sich Maas am Donnerstag bei den Moderatoren, "vor allem aber bei den vielen Frauen, die gestern bei #JKlive von ihren grausamen Erfahrungen berichtet haben". Der SPD-Politiker schrieb weiter: "Lasst uns gemeinsam gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt kämpfen."

Stevie Schmiedel von der Protestkampagne Pinkstinks findet es "großartig", dass die beiden Moderatoren ihre Marke und die prominente Sendezeit nutzen, "um auf ein Thema aufmerksam zu machen, dass immer, aber besonders in diesen Wochen zu wenig Aufmerksamkeit erfährt". Gleichzeitig müsse beobachtet werden, wie das Thema in Zukunft thematisiert wird. "Werden Joko und Klaas dann in Zukunft auf Sexismen in ihren Shows verzichten? Und Pro Sieben auf Germanys Next Topmodel?", sagte Schmiedel. Man dürfe das Thema Abwertung von Frauen nicht gesondert betrachten: "Es ist ein Gesamtpaket, das nicht aus dem Nichts kommt."

"Männerwelten» macht sprachlos, rüttelt auf und erschüttert, eine solche Sendung war längst überfällig, heißt es von Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin der Organisation Terre des Femmes. "Wir danken Joko und Klaas, dass sie dieses Thema zur besten Sendezeit öffentlich gemacht haben."