Brussels Antiques & Fine Arts Fair

Keine Mühen gescheut

Auf jeder Messe lässt sich ein Werk finden, das den Kunstzirkus auf die Schippe nimmt, selbst in Brüssel, auf der Brussels Antiques & Fine Arts Fair (BRAFA), einer Kunst- und Antiquitätenmesse, entdeckt man es: ein kleines Comic aus dem Jahr 1980 von einem Zeichner namens Cosey. Es versteckt sich ganz am Ende der 14.000 Quadratmeter großen Tour-&-Taxis-Hallen, einer ehemaligen Post- und Zollstation, am Stand der Pariser Galerie 9ème Art. Ein älterer Herr präsentiert einem jungen Mann ein Werk von Claude Monet. Plötzlich wird ihm schwindelig, er greift sich an den Kopf und stirbt. Doch bevor er tot umfällt, äußert er seinen letzten Wunsch: „Ich habe diese Sammlung seit 50 Jahren aufgebaut“, steht in einer Sprechblase. „Es wird Zeit, sie mit der Menschheit zu teilen.“ Der junge Mann verspricht ihm, sich darum zu kümmern und wundert sich: „Sonst haben Sie keine Wünsche?“ Preis: 9.900 Euro.

Zum 12. Mal findet die BRAFA statt. 120 Aussteller aus elf Ländern haben ihren Stand aufgebaut und präsentieren neben Comics so unterschiedliche Gegenstände wie antike Vasen, chinesisches Porzellan, afrikanische Masken, japanische Drucke, russische Ikonen, Biedermeier-Sofas, barocke Uhren, Art-Déco-Tapeten, Perserteppiche, kubistische und expressionistische Malerei, Schmuck, Waffen, kurz: alles, was die Kunst und insbesondere das Kunsthandwerk bietet.

Präsentiert werden diese Dinge nicht wie auf Messen zeitgenössischer Kunst im neongrellem White Cube. Fast jeder Stand arbeitet mit schwarzen Teppichböden und schummriger Beleuchtung – alles erinnert an die Wunderkammern aus der Spätrenaissance. Manche Aussteller bemühen sich sogar, ihre Ausstellungsfläche wie Stilräume zu präsentieren wie man sie etwa aus dem Metropolitan Museum of Art aus New York kennt.

„Belgier, Niederländer und Franzosen sind bekannt dafür, dass sie nicht nur europäische, sondern auch ägyptische, afrikanische oder asiatische Kunst und Antiquitäten sammeln“, sagt der Galerist Manuel Ludorff, der zum dritten Mal in Brüssel ausstellt. „Die Aussteller geben sich große Mühe. Auch für uns ist diese Messe eine Gelegenheit mit Sammlern in Kontakt zu kommen, die normalerweise nicht in unsere Galerie nach Düsseldorf kommen würden.“ Ludorff zeigt neben Emil Nolde („Frau vor blauem Grund“, Preis 295.000 Euro), Ernst Ludwig Kirchner („In der Loge“, Preis 35.000 Euro) und eine Serie von Alexej von Jawlensky, die die Entwicklung des Malers hin zur Abstraktion auf einen Blick sichtbar macht („Mystischer Kopf“, Preis 980.000 Euro, „Heilandsgesicht“, Preis 890.000 Euro und „Heilandsgesicht: Nemesis II“, Preis 1.350.000 Euro).

Zwar genießt die BRAFA noch nicht denselben Ruf wie die TEFAF in Maastricht. Brüssel scheint sich aber dennoch in den vergangenen Jahren zum neuen Kunstknotenpunkt entwickelt zu haben, teilt es doch gleich mit zwei Nachbarstaaten die Landessprachen und liegt nur anderthalb Zugstunden von Paris entfernt. So kommen die meisten Aussteller aus Belgien und Frankreich. Neben Ludorff gibt es fünf weitere deutsche Galerien.

Auch Elmar Robert aus Köln freut sich auf die Kundschaft: Er ist zum ersten Mal auf der Messe dabei und erwartet den Direktor des Pariser Museums für mittelalterliche Kunst Cluny. Sein ganzer Stolz heißt „Madonna mit Kind“ aus dem 13. Jahrhundert. Bis zum Samstag, der offiziellen Eröffnung der BRAFA, war dieser jedoch noch nicht an seinem Stand vorbei gekommen – obwohl die Messe genau genommen schon seit vergangenen Mittwoch für das Fach- und Sammlerpublikum zu besichtigen war.

Tatsächlich, man scheute keine Mühen: Ein Abendessen zwischen einem Buch über den Umgang mit Hexen aus dem 15. Jahrhundert (Librairie Lardanchet, Paris, Preis 18.000 Euro) und Jean-Michel Basquiats „Origin of Cotton“ (Galerie Pascal Lansberg, Preis 320.000 Euro), ein Empfang zwischen einem Ohrring aus Ägypten (2.-1. Jh. v. Chr., Roswitha Eberwein, Preis 24.000 Euro) und Marcel Duchamps „Boite en Valise“, 1941 (Ronny van de Velde, Preis 150.000 Euro) oder eine Führung von Terracotta-Figuren aus der Tang-Dynastie (Jacques Barrère, Preis 28.000 Euro) bis zu David LaChapelles Blumenfotografien (Galerie Maruani & Noirhomme 90.000 Euro) – die Sammler, die auf diese Messe gehen mögen es exklusiv und ein wenig wie im Zirkus: mit Nummern, die verführen und langweilen, begeistern, verstören und verzaubern. Nur die Orientierung dürfen sie dabei nicht verlieren.

BRAFA (Brussels Antiques & Fine Arts Fair) auf dem Gelände Tour & Taxis, Avenue du Port 86 C, Brüssel, noch bis 29. Januar 2012, täglich von 11:00 – 19:00 Uhr, am 24. und 26. Januar bis 22:00 Uhr, Eintritt 20 Euro