Kraftwerk elektrisieren in Düsseldorf

Klingklang schon wieder

Das Konzept von „Retrospective 1 2 3 4 5 6 7 8“ ist so einfach und bestechend wie sein Titel: Kraftwerk spielen in chronologischer Reihenfolge pro Abend je ein komplettes Album aus ihrer Bandgeschichte sowie im Anschluss ein Greatest-Hits-Programm. Die Konzertreihe, die das Düsseldorfer Quartett 2012 im New Yorker Museum of Modern Art erstmals aufführte, darf als das herausragende Musikereignis dieses Jahres angesehen werden. Was gar nicht so sehr an der Qualität der Performances selbst lag, sondern daran, dass Kraftwerk damit eine einmalige strategische Transformation unternommen haben: von der Musik- zur Künstlergruppe.

Der Musikmarkt steckt in einer Identitätskrise. Nicht nur finanziell, sondern vor allem, weil die Deutungshoheit über cool und nicht cool, wichtig und nicht wichtig – einst die Domäne von Popmusik – heute von der Gegenwartskunst beansprucht wird. Kraftwerks Schritt, von nun an als Künstlergruppe um Gründungsmitglied Ralf Hütter aufzutreten, ist in diesem Sinn folgerichtig. Dazu gehört nicht nur, in Museen auszustellen wie im Herbst 2011 im Münchner Lenbachhaus, sondern auch, Konzerte in musealen Beziehungen als 3-D-Multimedia-Installationen zu präsentieren.

Musique nonstop. Ein knappes Jahr nach der Premiere in Manhattan werden Kraftwerk die Selbstmusealisierung in ihrer Heimatstadt Düsseldorf manifestieren. Die Kunstsammlung NRW ist schon jetzt acht Mal ausverkauft. Die Absicht dahinter scheint so klar wie nachvollziehbar. Einerseits gilt es, die großen institutionellen Geldströme nicht aus den Augen zu verlieren, andererseits möchte Ralf Hütter die Speerspitze einer neuen Bewegung darstellen, in der die Hybridkunst Popmusik umformatiert wird zu Performancekunst.

In New York hat diese Reprogrammierung punktgenau funktioniert. Jetzt muss Pop auch mit dem Vokabular der Kunstkritik reflektiert werden. Schon das allein war die Mühe wert.

„Der Katalog – 1 2 3 4 5 6 7 8“, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Konzertreihe mit Kraftwerk an acht Abenden, 11. bis 20. Januar. Anschließend in der Tate Modern, London, 6. bis 14. Februar. Begleitende Ausstellung: „Roboter“, Fotografien von Peter Boettcher, NRW-Forum, Düsseldorf, 12. bis 30. Januar