Haus der Kunst

In München beleuchtet der Fotograf Michael Schmidt das ganze Grau

Die Bilder des Berliners, der schon Polizist war, bevor er sich mit 20 Jahren das Fotografieren beibrachte, sind wie Gerichte ohne Glutamat, sie springen den Betrachter nicht an, er muss genau hinschauen, nähertreten.

Viel zum Heranrücken präsentiert nun das Haus der Kunst in München: 390 Werke, eine Kaskade an Kleinformaten, in Eisen gerahmt. Noch nie war eine solche Fülle an schmidtschen Blicken auf Plätze, Menschen, Häuserecken zu sehen wie in der grandiosen Retrospektive „Grau als Farbe“. In der großen Halle hängen die kleinen Fotos der Serie „Ein-Heit“ wie eine dunkle Perlenkette.

Würde man einzelne Bilder herausgreifen, vergrößern, etwa die junge, schielende Frau oder eine triste Hausfassade – wahrscheinlich bekämen die Fotos sofort eine melancholisch-romantische Wirkung. Doch bei Schmidt, der späten Entdeckung der vergangenen Berlin-Biennale, dessen spröde Frauenporträts dem Plakat- und Anzeigenmotiv der aktuellen Biennale das Gesicht geben, kommt immer Bild nach Bild. Unerbittlich und normal, wie das Leben.

Einen Eindruck davon, wie dieser Fotograf denkt und arbeitet, liefern die Videos im letzten Raum. Weil die Wahrnehmung vor einer Museumswand eine andere ist als die beim Durchblättern von Büchern, schlägt eine Hand auf vier verschiedenen Projektionen Seite um Seite um.

Die jüngsten Bilder dieser Schau, die Thomas Weski kuratiert und mit dem Künstler jenseits der Chronologie installiert hat, zeigen die Wasserwallungen des Meeres. Wenn Hiroshi Sugimoto dort seine Kamera auf die Ferne richtet, sieht das nach Neuanfang aus. Bei Schmidt wird diese Sicht unsentimental, der Horizont einfach eine andere Art von Ende. Schwarz und Weiß – Michael Schmidt erkundet die Tonalität des Dazwischen. Und da spielt sich das Leben ja auch ab.

Haus der Kunst, München, bis 22. August