Vorschau: Ralo Mayers Gegenwelten in Linz

Mehr Utopie war nie

Was kommt heraus, wenn man Imagination mit Wissenschaft vermählt? Science-Fiction – und das ist genau die richtige Vokabel, um die Kunst von Ralo Mayer zu beschreiben. Seit Jahren beschäftigt sich der 1976 geborene Mayer, der in Wien unter anderem bei der amerikanischen Konzeptkünstlerin Renee Green studierte, mit utopischen Modellen und abgedrehten Gegenwelten: „How To Do Things With Worlds“, so der Titel einer Rechercheserie, die er an der – natürlich fiktiven – Manoa Free University initiierte.
 
Eines dieser Modelle, die er untersucht, gab es sogar in der Realität: Biosphäre 2 war ein riesiges künstliches Ökosystem in einem Gewächshaus in der Wüste von Arizona, in dem von 1991 bis 1993 acht Menschen versuchten, völlig abgeschlossen von der Außenwelt zu überleben. Das Experiment scheiterte: Sauerstoff musste zugeführt werden, die Besatzung zerstritt sich rettungslos und musste nach zwei Jahren verdorbener Ernten völlig abgemagert aus ihrer künstlichen Welt evakuiert werden. Um so spannender für Mayer, die Konstellation weiterzuspinnen – mit einem Roman, den er angeblich aus dem Englischen übersetzt hat, zahlreichen Installationen und pseudodokumentarischen Filmfragmenten.
 
Im vergangenen Sommer gewann Ralo Mayer mit seinen komplexen und cleveren Kombinationen von Recherche und Installation den frisch eingerichteten Preis der Triennale Linz für Künstler unter  35. Jetzt zeigt das Lentos Museum die dazugehörige Einzelausstellung. Neben Arbeiten zur Biosphäre 2 wird Mayer hier in einer großen Installation eine zweite Technik­utopie bearbeiten: die bemannte Raumfahrt. Zweimal, 1986 und 2003, havarierte die komplexeste Maschine aller Zeiten, das Spaceshuttle. In der Installation „Obviously a major malfunction“ (so lautete der konsternierte Nasa-Kommentar beim Absturz der „Challenger“) wird Ralo Mayer zwischen diesen beiden katastrophischen Punkten eine sehr eigene Version der Zeitgeschichte ausbreiten – Fiction und Science inklusive.

Lentos Kunstmuseum Linz, 12. August bis 23. Oktober. Eröffnung: Donnerstag, 11. August 2011, 19 Uhr