Performance in München

Moderne Monobraue

Die Augenbrauen sollen eigentlich die Augen vor Schweiß und Staub schützen, sind aber kulturell höchst aufgeladen. In München kann man sich nun vom Kunstkollektiv Slavs and Tatars eine Monobraue aufmalen lassen 

2019 hat eine Kosmetikfirma Ärger bekommen, als sie eine Produktlinie mit dem Konterfei der mexikanischen Malerin Frida Kahlo bewerben wollte. Nicht nur wurde angezweifelt, dass die bekennende Kommunistin diese Vermarktung gutgeheißen hätte, auch das Aussehen des Werbebildes wurde im Netz kritisiert. Es fehlten die charakteristisch über der Nase zusammengewachsenen Augenbrauen, die ikonische Kahlo'sche "Monobraue". 

Wie kulturell aufgeladen ein paar Haare im oberen Gesichtsdrittel sind, zeigt nun auch eine Performance in der Pinakothek der Moderne in München. Das Kunstkollektiv Slavs and Tatars, das sich nach eigener Aussage für Austausch und Wissenstransfer im Kulturraum zwischen der Berliner und der Chinesischen Mauer zuständig fühlt, richtet auf Initiative des jungen Freundeskreises der Pinakothek ab diesem Sonntag, 25. Juli, eine "Brow Bar" in der Sammlungspräsentation ein. In dieser können sich Besucherinnen und Besucher eine temporäre Mono-Augenbraue aufmalen lassen. Die Performance findet bis Ende November immer sonntags von 13 bis 17 Uhr statt.

Die Augenbrauen, die eigentlich die Augen vor Schweißtropfen, Regen und Staubpartikeln schützen sollen, sind schon immer Moden und Schönheitsidealen unterworfen gewesen. Mal sollen sie fast unsichtbar dünn gezupft sein, mal schwungvoll und voluminös. Zuweilen waren dem Gesichtshaar, besonders der Monobraue, sogar Charaktereigenschaften zugeordnet. Im viktorianischen England vermutete man ein Zeichen für Kriminalität, in Frankreich schürte sie im 18. und 19. Jahrhundert den Verdacht, ein Werwolf zu sein. Während üppiges Gesichtshaar im Westen noch immer als Makel gilt, ist es beispielsweise in der iranischen Kultur ein Zeichen für Schönheit. Im gesamten Nahen Osten sowie im Kaukasus gilt die Monobraue laut der Pinakothek der Moderne als Zeichen von Männlichkeit und Kultiviertheit. 

Auch in der Kunst kann die Monobraue als Schmuck für alle Geschlechter funktionieren und ein Gesicht gewissermaßen einrahmen. Mit der Aktion "Hi, brow" kann man den transformierenden Effekt von Augenbrauen nun am eigenen Gesicht erfahren. Und sich selbst und andere vielleicht sogar anders sehen.