Monica Bonvicini treibt C. D. Friedrich in die Enge

Das Schiffswrack wirkt winzig neben den machtvoll aufstrebenden Eisschollen: Caspar David Friedrichs Gemälde „Das Eismeer“ (1823/24) zählt zu den Ikonen der deutschen Romantik. Jetzt ist ein Zwilling im Hafen von Oslo aufgetaucht – eine dramatisch zerklüftete, schwimmende Skulptur gegenüber dem neuen Opernhaus.
Die Künstlerin Monica Bonvicini zitiert und durchlöchert zugleich das gewaltige Vorbild. Der Körper ist halb verspiegelt, halb transparent, in zahlreiche Öffnungen können Regen und Schnee eindringen. Und dass dieser Eisberg sich in einen Fjord verirrt hat, lässt sich natürlich als Kommentar zur globalen Erwärmung lesen. Bonvicini spielt aber auch mit Gender-Klischees. Das halb schroffe, halb fragile Gebilde mit dem Titel „Hun Ligger (She Lies)“ ist verwandt mit Bonvicinis Performance „Minimal Romantik“ von 2005: Damals zerlegte ein Bauarbeitertrupp einen Betonkubus, bis er wie Friedrichs Eismeermotiv aussah.