Nach Performance in Kirche

Moskauer Künstlerinnen droht Haft

   Moskau (dpa) - Die Festnahme zweier Moskauer Künstlerinnen nach einer regierungskritischen Aktion im Heiligtum der orthodoxen Kirche hat in Russland scharfen Protest ausgelöst. Die 22 und 23 Jahre alten Frauen hatten mit einem «Punk-Gebet» auf die enge Verbindung zwischen Politik und Kirche im größten Land der Erde aufmerksam machen wollen. «Ich hoffe, dass dies nicht wieder passieren wird», sagte der gewählte Präsident Wladimir Putin am Mittwoch nach Angaben der Agentur Interfax. «Ich entschuldige mich bei allen Priestern und Gläubigen für sie, falls sie (die Frauen) es nicht selbst können».

   Dass die beiden jungen Mütter im Gerichtssaal mit Handschellen gefesselt in einem Käfig vorgeführt würden wie Tiere, sei ein Skandal, kommentierten Moskauer Medien. Die Künstlerinnen waren erst mehrere Tage nach der Aktion festgenommen worden. Ein Gericht ordnete Untersuchungshaft zunächst bis Ende April an. Den Mitgliedern des Punk-Kollektivs Pussy Riot droht wegen «Rowdytums» eine mehrjährige Haftstrafe. Zuvor hatte Putins Sprecher Dmitri Peskow mitgeteilt, der Regierungschef mit engen Beziehungen zur einflussreichen Kirche habe «negativ» auf den Vorfall reagiert.

   Mehr als 2000 Gläubige forderten Patriarch Kirill in einem Offenen Brief auf, die «Hetzjagd» auf die Mitglieder der Punk-Band Pussy Riot zu beenden. Zwar verurteilten sie die Performance in der Moskauer Christi-Erlöser-Kathedrale, hieß es in dem Schreiben. «Aber noch für viel unzulässiger erachten wir die Reaktion auf die Aktion.»

   Die jungen Frauen hatten mit Strickmützen maskiert vor dem Altar der Kirche in einem «Punk-Gebet» Gott angefleht, Russland von Putin zu erlösen. Pussy Riot hatte zuvor unter anderem mit einem ebenfalls nicht genehmigten Konzert auf dem Roten Platz für Aufsehen gesorgt.

   Kirchenvertreter forderten ein hartes Durchgreifen. Die Frauen sollten allerdings nicht eingesperrt werden, sagte Wladimir Legoida vom Moskauer Patriarchat. Falls Pussy Riot ein Zeichen von Reue zeige, sei die Kirche zur Vergebung bereit.

   An diesem Donnerstag wollen Unterstützer mit einer Mahnwache für die Freilassung demonstrieren. Auch der Menschenrechtsbeauftragte der russischen Regierung, Wladimir Lukin, forderte Haftverschonung. Ein Strafverfahren sei «jenseits jeder Vorstellung».

   Die Führung in Moskau wolle ein Exempel statuieren, um politische Proteste dieser Art künftig zu verhindern, meinten Experten. Kritische Künstler werden nach Ansicht von Bürgerrechtlern in Russland immer wieder politisch verfolgt. Die Betroffenen begründen ihren Einsatz auch damit, dass es wegen mangelnder Freiheiten keine anderen politischen Ausdrucksmöglichkeiten gebe.