Tanz im August in Berlin

Museum der bewegten Körper

Auf einer über 40 Quadratmeter großen Leinwand in Form eines Triptychons bewegen sich am Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte überdimensionale Tänzer und Choreografen in kurzen Bewegungssequenzen. Das Ganze ohne Musik und in Zeitlupentempo. Die Outdoor-Videoinstallation „Slow Dancing“ des New Yorker Fotokünstlers David Michalek porträtiert Tänzer verschiedener Kulturen und Altersklassen und zeigt zeitgenössischen Tanz in einer Bandbreite von Ballett, Bauchtanz über Postmodern Dance und Butoh bis hin zu Breakdance. Die durch eine hochauflösende Slow-Motion-Kamera erzeugte extreme Verlangsamung der Bilder verleiht den tanzenden Körpern eine beeindruckende Skulpturalität. „Slow Dancing“ unterstreicht auch das Glück und die Schönheit, die sich im Ausdruck der Tänzer ablesen lassen, wenn diese sich mit geschlossenen Augen und einem Lächeln ihren Bewegungen hingeben.

Michaleks Videoinstallation, die 2007 im Lincoln Center in New York Premiere feierte und später am Londoner Trafalgar Square oder auf der Venedig-Biennale gezeigt wurde, bildet den Auftakt zur diesjährigen Ausgabe von Tanz im August und markiert einen der Schwerpunkte des Festivals: die Verbindung von Tanz und bildender Kunst. Seit einigen Jahren zeugen zahlreiche Ausstellungen – darunter „Move – Kunst und Tanz seit den 60ern“ (2011) im Münchener Haus der Kunst oder „Open the curtain“ (2003) in der Kunsthalle zu Kiel – davon, dass die Grenzen zwischen darstellender und bildender Kunst oft fließend sind. Vor diesem Hintergrund zeigt das Festival Arbeiten der US-amerikanischen Choreografin und Tänzerin Trisha Brown im Hamburger Bahnhof und des New Yorker Choreografen Trajal Harrell in der Kirche St. Agnes in der Kreuzberger Alexandrinenstraße.

Zur Jubiläumsausgabe präsentiert Tanz im August außerdem drei verschiedene Versionen von Tino Sehgals früher Arbeit „(ohne Titel) (2000)“. Der deutsch-britische Künstler, der auf der diesjährigen Venedig-Biennale mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde, hat durch seine inszenierten Situationen, in denen Interpreten den Besucher durch Bewegungen, Gesang oder gesprochene Worte zu einer Reaktion herausfordern, internationale Anerkennung erlangt. Vor 13 Jahren hat Sehgal „(ohne Titel)“ selbst getanzt. Die Arbeit kennzeichnet einen Übergang zu seinen choreographisch-einstudierten Arbeiten im Museum. Als eine Art „Museum des Tanzes“ - verkörpert durch die Tänzer auf der Bühne - stellt es einen Parcours durch die verschiedenen Tanzrichtungen des 20. Jahrhunderts dar.

Mit der von der Berliner Künstlerin Ina Wudtke kuratierten Ausstellung „STRUT YOUR STUFF“ präsentiert das Festival im HAU 1 in sechs Videoarbeiten zeitgenössische künstlerische Positionen zur afro-atlantischen Tradition im Tanz. Während Künstler in den 20er-Jahren von Tanzstilen wie Charleston, Swing oder Jazz beeinflusst waren, hat sich in den 90er-Jahren mit Hip Hop, Dubstep, Techno, House oder Electro eine "schwarze" Tanztradition entwickelt, die zur Sprache einer ganzen Generation wurde. Die Ausstellung zeigt einige Künstler, die von dieser Tradition geprägt wurden, darunter Sanford Biggers, Keith Haring, Judith Hopf, Yvette Mattern und Adrian Piper.

Tanz im August, 16. bis 31. August