Interview mit Geschäftsführerin

Museumsbund: Museums-Schließung saniert keinen Haushalt

Gera (dpa) - Wer im thüringischen Gera die Kunstsammlungen im Otto-Dix-Haus besuchen will, steht ab diesem Mittwoch (6. November) vor verschlossenen Türen. Weil der Stadtrat ein Millionen-Sparprogramm ablehnte, verhängte die Stadtspitze einen generellen Ausgabenstopp und lässt als erste Konsequenz öffentliche Museen und Bibliotheken schließen. Im Interview der Nachrichtenagentur dpa erklärt die Geschäftsführerin des Deutschen Museumsbundes, Anja Schaluschke, warum dieser drastische Schritt ihrer Meinung nach mehr Schaden als Nutzen birgt.

Ist es das erste Mal, dass ein Museum wegen finanzieller Nöte einer Stadt auf unbestimmte Zeit geschlossen ist?

Meines Wissens ist es das erste Mal. Mir ist zumindest kein ähnlicher Fall bekannt. Diesen Schritt finde ich auch ausgesprochen drastisch. Das klingt ja ein bisschen nach dem US-amerikanischen Shutdown vor einigen Wochen. Ein Shutdown in Gera.

Wie bewerten Sie diesen Schritt?

Grundsätzlich glaube ich, dass niemand leichtfertig so eine Entscheidung trifft. Ich glaube aber auch, dass die negativen die positiven Seiten überwiegen. Was sparen die Museen denn ein? Ein bisschen Aufsichtspersonal in den Räumen, vielleicht Reinigungskosten und ein bisschen Strom. Aber ansonsten ist alles wie vorher, nur dass das Haus zu ist. Im Gegenzug werden Besucher verärgert, die vor verschlossenen Türen stehen und auch nach einer erneuten Öffnung vielleicht so schnell nicht wieder kommen. Dass man mit solchen Maßnahmen seine Schulden abbaut, wage ich zu bezweifeln.

Viele Kommunen tragen hohe Schuldenberge vor sich her. Fürchten Sie, dass dieses Beispiel Schule macht und in der Zukunft häufiger solche Hiobsbotschaften über die öffentliche Museumslandschaft hereinbrechen?

Sicher kann man sich da auf jeden Fall nicht sein. Unser Credo ist jedoch: Mit Einsparungen in der Kultur kann niemand einen Haushalt sanieren. Die Einsparungen wären meist marginal. Gleichzeitig wäre der Imageschaden sehr hoch. Man darf nicht vergessen, dass die Sammlungen der Museen ja trotzdem da sind und gepflegt werden müssen. Es ist eine Aufgabe der Träger, die kulturellen Schätze für die Nachwelt zu erhalten. Alles andere, wie die Einschränkung von Öffnungszeiten oder gar zeitweise Schließungen, können höchstens eine Notlösung sein oder sogar nur eine Nothandlung.