Nachruf auf Zeichner Uderzo

Feine Linien, wilde Orgien

Die gallischen Mutbürger Asterix und Obelix machten den Zeichner Albert Uderzo weltberühmt. Jetzt ist er im Alter von 92 Jahren gestorben

Beinahe hätte er das Alter von Methusalix erreicht, des ewig 93-jährigen Galliers. Alberto Aleandro Uderzo wurde 92 Jahre alt. Eine Dorfgemeinschaft von Mutbürgern hat den französischen Zeichner weltberühmt gemacht: Asterix, Obelix, Häuptling Majestix, der enervierend zur Leier singende Barde Troubadix oder Miraculix als Hüter des Zaubertrankrezepts.

Mit unverwechselbarer Eleganz schuf und perfektionierte Uderzo die vielen Figuren der ab 1959 in Frankreich publizierten Cartoon-Serie um zwei gallische Knubbelnasen – einen gewitzten Krieger und einen rundlichen Hinkelsteinlieferanten. Um 50 vor Christus trotzt eine ganze Dorfgemeinschaft den dösigen Römern. Am Ende jedes Abenteuers wird wildschweinschmatzend Dorfparty gefeiert, Troubadix wird gefesselt und geknebelt, der rüstige Methusalix krabbelt aufs Festbankett.

Cartoonist mit Rot-Grün-Schwäche und nummerierten Farbtuben

Uderzo, der als Sohn italienischer Einwanderer 1934 die französische Staatsbürgerschaft erlangte, hat lange in Zweierteams gearbeitet. René Goscinny war sein zweiter Texter, mit dem er vor "Asterix" in den 1950ern den Korsaren Pitt Pistol und den Indianer Umpah-Pah entwickelt hatte. Als Cartoonist musste Uderzo mit einer Rot-Grün-Sehschwäche zurechtkommen. Der Künstler berichtete, dass er zeitweilig mit nummerierten Farbtuben arbeiten musste. Es war ohnehin die Kunst der Linie, die er perfektionierte. Keiner zeichnete so wilde Orgien wie Uderzo. Unvergesslich: Die wüsten, von gemeinschaftlich verklebten Käsegespenstern bevölkerten Fondueszenen in "Asterix bei den Schweizern".

1974 gründete das Gespann Goscinny-Uderzo in Paris ein nach dem gallischen Hündchen Idefix benanntes Animationsfilmstudio und produzierte dort Zeichentrickfilme wie "Asterix erobert Rom" und "Lucky Luke – Sein größter Trick" (deren Comicvorlage der Belgier Morris zu Goscinnys Texten gezeichnet hatte). 1978 musste Idefix-Studio aufgrund der schlechten Auftragslage schließen.

Ohne ihn schwächeln die Gallier

"Asterix" blieb ein Renner, auch in Deutschland. Nach den "Siggi und Barrabas"-Übersetzungen des "Fix und Foxi"-Verlegers Rolf Kauka (in Anlehnung an Konrad Adenauer hieß Miraculix dort Konradin) brachte der Ehapa-Verlag ab 1967 eine originalgetreue und weniger teutonische Version heraus. Nach Goscinnys Tod 1977 übernahm Uderzo auch Script und Dialoge der Reihe. Das Texten lag ihm weniger gut, aber die zehn von ihm allein verantworteten Abenteuer hielten ein ansprechendes Niveau. 2013 wurde die Serie von einem neuen Duo übernommen, statt Uderzo führt seither Didier Conrad den Zeichenstift. Seit "Asterix bei den Pikten" schwächelt nun die Serie, mit der "Tochter des Vercingetorix" wurde es 2019 nicht besser.

Der berühmteste französische Comiczeichner hat den Stift nie ganz fallenlassen: Im Januar 2015 zeichete er Asterix, Obelix und Idefix in tiefer Verneigung – anlässlich des Anschlags auf Charlie Hebdo. Der gallische Humor ist nicht totzukriegen. Im Asterix-Universum wird gestritten, gerauft, gelästert und gelacht – aber nie gestorben. Krankheiten sind selten: In "Asterix und der Avernerschild" hat sich Majestix den Bauch zu vollgeschlagen – und muss aufgrund seines Leberleidens strenge Diät halten.

Uderzo ist in der Nacht zum 24. März einem Herzinfarkt erlegen. Er soll ganz friedlich im Schlaf gestorben sein.