Das Team von Niche Berlin im Interview

„Mit uns lernt man Leute kennen“

Niche gibt es seit über drei Jahren, Sie haben Kunstgeschichte, Architektur und Denkmalpflege studiert – wie haben Sie sich kennengelernt?   
Stefanie Gerke: Niche ist ein Projekt, das wir drei 2008 noch während unseres Studiums gründeten. Uns fiel auf, dass so viele interessante kleinere Orte in Berlin, die Nischen, relativ unbekannt und unzugänglich sind. Wir hatten die Tour-Idee und starteten eine kleine Umfrage, um herauszufinden, welche Leute aus der Berliner Kunst- und Architekturszene Touren und Leute empfangen würden. Weil das Ergebnis sehr positiv war, haben wir einen Business-Plan erstellt, mit dem wir einen Preis beim Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg gewonnen haben.

Was hat die Jury überzeugt?
Nele Heinevetter: Wir haben eine Marktanalyse erstellt und ermittelt, welche interessanten Orte, Leute und Kontexte es gibt, wie das Wettbewerbsfeld ist, welche Zielgruppe, welche Preise in Frage kommen. So haben wir nicht nur Startkapital, sondern betriebswirtschaftliches Know-how gewonnen und nicht zuletzt den Grundstein für ein Netzwerk gelegt, aus dem wir bis heute Nutzen ziehen.
Stefanie Gerke: Ich denke, wir konnten die Jury auch überzeugen, weil unsere Idee gar kein Kapital benötigt. Unser Kapital ist unser Netzwerk, unsere Kontakte und die soziale Interaktion. Hieraus generieren wir unser Angebot.

Was macht Niche anders als andere Touranbieter?
Nele Heinevetter: Bei uns bekommt man nicht einfach Kunst vermittelt, sondern lernt interessante Leute kennen: Kuratoren, Architekten oder Künstler. Wir wollen, dass die Leute nach Hause gehen und sagen: "Wow, ich habe Jorinde Voigt, Arno Brandlhuber oder Martin Kwade kennengelernt."
Katharina Beckmann: Es geht uns nicht darum, vor einer Installation oder einem Bau zu dozieren, sondern wir wollen Kontexte  vermitteln, Spaß haben und über Kunst abseits der klassischen Institutionen sprechen. Und jede Tour wird maßgeschneidert. Wir schauen, welcher Guide passt zu welcher Gruppe. Deshalb fragen wir nach Vorkenntnisse und Präferenzen. So haben manche Leute Lust, nur Videokunst und Multimedia zu sehen, andere fragen explizit nach Orten in Kreuzberg oder wieder andere wollen Green-Architecture sehen.

Wer bucht Ihre Touren?
Stefanie Gerke: Die Bandbreite ist sehr groß. Deshalb versuchen wir, unsere Touren in verschiedenen Angebotssparten zu realisieren: "Academic", "Corporate" und "Privat". Darunter sind Teilnehmer, die das erste Mal in Berlin sind, größere Gruppen von Unternehmen, aber auch Experten wie Kuratoren und Sammler, die über junge Künstler informiert werden wollen.

Wie unterscheiden sich die Kunst- und Architekturtouren?
Katharina Beckmann: Grundsätzlich versuchen wir, Insider-Positionen zu zeigen. Bei Architektur ist es sicherlich schwierig, immer die Nische zu finden. Wir versuchen einfach, eine andere Geschichte zu erzählen, anderen Blickwinkel zu haben. Wir gehen zum Beispiel auf die Karl-Marx Allee und erklären den städtebaulichen Hintergrund, treffen jemanden, der in einer der Wohnungen lebt oder gehen am Frankfurt Tor in die Henselmann Türme und besuchen die leerstehende Karl-Marx Buchhandlung.

Und bei der Kunst?
Stefanie Gerke: Von Anfang an ging es darum, Nischen in der Kunstszene zu zeigen und zu diskutieren: Projekträume in Kreuzberg, Ateliers oder Initiativen. Heute hat sich das insofern verändert, als dass ganz einfach unsere eignen Interessen die Firma ausmachen. Wir zeigen nur das, was uns selbst begeistert. So kann es sein, dass wir auch mal die Museumsinsel besprechen, doch dann unter kunstpolitischen Aspekten.

Glauben Sie, dass durch die Kommerzialisierung Nischen und Off-Räume verschwinden?
Nele Heinevetter: Viele Nischen, alternative Orte und Offspaces sind temporär. Es ist ganz natürlich, dass solche Orte aufgegeben, institutionalisiert oder kommerzialisiert werden. Das macht schließlich die Dynamik einer Metropole aus. Außerdem kommt ja immer etwas nach, da besteht keine Gefahr, dass wir leer ausgehen.

Welche Touren, Orte und Leute wollen Sie nach dem langen Winter in dieser Saison vorstellen?
Stefanie Gerke: Wir zeigen diesmal auch Galerien und Projekträume in Charlottenburg, wo seit eineinhalb Jahren sehr viel in Bewegung ist. Neu auf dem Programm steht etwa Import Projects: Die zeigen total abgefahrene, junge, hauptsächlich digital arbeitende Künstler.

Sie waren gerade in New York – gibt es Pläne, Ihre Touren auch in anderen Städten zu machen?
Katharina Beckmann: Nach dreieinhalb Jahren funktioniert es in Berlin sehr gut. Man kennt unser Projekt und es fällt immer leichter, das Netzwerk zu vergrößern. Gerade konzentrieren wir uns darauf, unser Team besonders im Architekturbereich zu vergrößern. Doch klar, unsere Strategie, Netzwerke zu generieren, das können wir uns natürlich auch in anderen Kontexten vorstellen.

Niche - Art and Architecture Tours Berlin