Dominique Gonzales-Foerster hat in London eine Geisterbahn für Besserwisser gebaut

Besucher der Tate Modern mögen sich noch an den gigantischen Riss erinnern, den Doris Salcedo für ihre Arbeit „Shibboleth“ 2007 in den Betonboden der Turbinenhalle hauen ließ. Die verputzte Spur dieses grandiosen Werks zieht sich heute wie eine Narbe über den Beton und wirkt wie ein schweres Vermächtnis an Doris Salcedos Nachfolgerin, Dominique Gonzalez-Foerster, die in diesem Jahr ihre Arbeit für die „Unilever“-Serie in der Eingangshalle der Tate in London präsentiert. Tatsächlich ist die Französin grandios gescheitert. Mit der Installation „TH.2058“ entwirft sie eine apokalyptische Kunst-Science-Fiction.


Ein Text, der den Besucher in der Halle empfängt, enthält die Story zur Arbeit: Seit Jahren regnet es in London unablässig. Das verändert nicht nur das Leben der Menschen, sondern auch die Skulpturen im öffentlichen Raum – sie wachsen wie Pflanzen und werden immer größer. Um diese Entwicklung zu stoppen, hat man sie in der Turbinenhalle untergestellt, die zugleich als Notunterkunft für obdachlose Regenopfer dient. Der Besucher kann dann zwischen Hunderten von bunt la­ckierten Etagenbetten und überdimensionalen Nachahmungen von Louise Bourgeois’ Stahlspinne oder von Calder- und Moore-Skulpturen umherwandeln.
 

Um das Endzeitszenario zu komplettieren, wurden auf den Stahlbetten Bücher wie etwa J. G. Ballards „The Drowned World“ ausgelegt, während auf einer riesigen Leinwand Schnipsel von Science-Fiction-Klassikern wie „Solaris“ oder „Fahrenheit 451“ laufen. Das alles wirkt durchaus ästhetisch. Doch wo Doris Salcedo mit einer einzigen, prägnanten Intervention die monumentale Halle in den Griff bekam und den ganzen Schrecken der Moderne physisch fassbar machte, liefert Gonzalez-Foerster aufgeblasenes Zitatspektakel: eine naseweise Bildungsbürgergeisterbahn, die sich gegenüber ganz realen ökologischen, ökonomischen und politischen Krisen geradezu belanglos ausnimmt.