Um den Körper, am Körper, im Körper: Mona Hatoums Verletzungen in Berlin

Preisträgerausstellungen riechen immer auch ein wenig nach dem Schweiß von Rechtfertigung und Strebertum. Der Ausgezeichnete muss sich der Ehrerweisung würdig zeigen und sich in Beziehung setzen lassen zu Namensgebern und Stiftern. Mona Hatoum hat von der Berliner Akademie der Künste die Käthe-Kollwitz-Trophäe 2010 zugesprochen bekommen. In diesem Sommer präsentierte sie also eine Miniretrospektive am Pariser Platz. Und bei ihr fügt sich alles wie von selbst: Hatoums feindlicher Minimalismus, der Alltag und Entfremdung zusammenbringt, passte bestens in die Verwirrarchitektur aus Glas, Stahl und schrägen Ebenen des Neubaus; die Erfahrung von Konflikten, die Hatoums Arbeit zugrundeliegt, natürlich zur Kunst von Kollwitz.
Die 1952 als Tochter palästinensischer Eltern im Libanon geborene Mona Hatoum füllte die Räume locker und selbstbewusst und schlug den Bogen von einer frühen Performance (die Künstlerin läuft barfuß durch die Straße und zieht an die Fußgelenke gebundene Doc Martens hinter sich her) bis zu großen Installationen, die sie seit Anfang der 90er-Jahre entwickelt. Zurichtungen und Verletzlichkeit bleiben dabei immer ihre Themen. Das machte die Schau trotz aller Brüche auch so konsistent.
Mona Hatoum führt uns ein sehr physisch und politisch geprägtes Menschenbild vor, ohne dass sie dabei die menschliche Figur darstellt. Die heute in London und Berlin lebende Künstlerin webt Zeichnungen und Colliers aus Haaren, konfrontiert die Betrachter mit einer filmischen Endoskopie, die den Körper als Wunde erscheinen lässt, sie setzt Küchengeräte unter Strom oder stellt eine zum Paravent vergrößerte Käsereibe in den Raum.
Diese Kunst ruft spontane Reaktionen hervor. Irritation, Ekel, Alarm: Gerade in einer kabinettartigen Ausstellung verbraucht sich dieser Effekt nicht so schnell. Hier war das abstrakte Drumherum spürbar, das, was Michel Foucault Seele nennt: „Die Seele wird ständig produziert – um den Körper, am Körper, im Körper – durch Machtausübung an jenen, die man bestraft, und an jenen, die man in einen Produktionsapparat bindet und ein Leben lang kontrolliert.“

Akademie der Künste, Pariser Platz, Berlin, 31. Juli bis 5. September