Henrik Schrat

Dan Graham im Comic

Seine Comichelden sind zu Lande, zu Wasser und in der Luft unterwegs. Sie werden wie Laokoon in der Sage von Schlangen bedroht oder sausen in einer Rakete durch den endlosen Raum ihrer Diskurse. Dass sich Gesprächspartner, wie man so sagt, mitunter zu weit aus dem Fenster lehnen, nimmt Henrik Schrat, Autor des mitreißenden Bandes, wörtlich – und lässt die Diskutanten sogar einmal in die Tiefe stürzen. Zum Glück landen sie im Matsch neben den Pavillons von Dan Graham. Zu den zwischen Skulptur und Architektur oszillierenden Arbeiten kehren die Abenteurer immer wieder zurück.

Der große US-Künstler ist – neben weiteren Kollegen, Kuratoren und einem Stadtplaner – die Hauptfigur der Bildergeschichte, die Henrik Schrat aus Interviews zu einer Graham-Ausstellung der Eastside Projects in Birmingham 2011 destillierte. Wie seine Akteure ist Schrat selbst Grenzgänger. In seinen Comics und Schattenrissen widmet sich der 1968 in Thüringen geborene Künstler meist angeblich kunstfremden Themen wie Wirtschaft und Arbeit.

Schrats Traum als Doktorand an der Universität von Essex, seine Dissertation im Fachbereich Management als Comic zu verfassen, erfüllte sich nicht. Es wäre aber untertrieben, das vorliegende Buch nur als Trostpflaster zu bezeichnen. Wiederholt geht es darin um Grahams Konzept des verspiegelten Glases, mit dem er, je nach Lichtsituation, Einblicke von der Innen- wie Außenseite seiner Pavillons ermöglicht. Für den streitbaren Künstler unter anderem eine Kritik an der Verwendung spiegelnder Flächen in der Firmenarchitektur der 80er-Jahre, an der Vortäuschung von Transparenz und an der Überwachung.

Tenor der Gespräche ist eine (vielfach auf Birmingham bezogene) Stadtplanung im Dienst des Miteinanders. Dass die Meinungen über das Wie auseinandergehen, bringt Bewegung und Zündstoff in die Story.

Henrik Schrat „Wild Things Are Going to Happen“. Auf Englisch. Eastside Projects, 132 Seiten, 10 Pfund, zu beziehen über Eastsideprojects.org