Eröffnungswochenende der 10. Berlin Biennale

Good bye, old BRD!

Foto: Cornelia Thonhauser
Foto: Cornelia Thonhauser
Empfang im Berliner Soho House

Wo vor zwei Jahren noch blasse Hipster das Bild bestimmten, fühlt sich die Stadt zur 10. Ausgabe der Berlin Biennale an, als hätte sie endlich Anschluss an eine wirklich globale Szene gefunden. Beobachtungen am Eröffnungswochenende

Sie tun es wirklich, sie spielen Tina Turners "We don't need another hero" bei der Pressekonferenz. Dabei fällt mir bei der 10. Berlin Biennale mit ihren ständigen Ausweichmanövern á la "We are not what you think we're not" immer viel eher dieser fürchterliche alte Schlager sein: "Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst …". Dass die alte BRD und auch der alte Westen sich nun wirklich mal wie Vergangenheit anfühlt, dafür sorgen glücklicherweise Gabi Ngcobo und ihre Crew an diesem Eröffnungswochenende der Biennale. Wo vor zwei Jahren mit DIS noch blasse Hipster das Bild bestimmten, fühlt sich Berlin jetzt an, als hätte es endlich Anschluss gefunden an eine wirklich globale Szene, die netterweise auch viel gute Laune mitbringt. Auf der traditionellen Künstlerparty in Clärchens Ballhaus, so hört man, wurde diesmal viel und überzeugend getanzt.

Während dann am Freitag sich die Menschentrauben vor der Akademie der Künste und den Kunstwerken knubbeln, gedenkt man auf der Terrasse in der achten Etage des Soho House noch einmal der Vergangenheit: Klaus Biesenbach und Julia Stoschek als transatlantische KW-MoMA-Connection feiern mit einem Empfang das 10. Jubiläum der Berlin Biennale. Vor 20 Jahren hat Biesenbach gemeinsam mit Hans Ulrich Obrist und Nancy Spector die erste Ausgabe in der Auguststraße installiert, und wenn der Kurator, mittlerweile am MoMA in New York, nicht seinem alten Baby so treu wäre, würden wohl nicht jedes Mal so viele MoMA-Trustees durch die Ausstellung hindurchschlappen.

Biesenbach ist zu Recht gerührt, Obrist begeht das Jubiläum mit einer seiner lustigen ultraschnellen Assoziationsreden, bevor er sich wieder seiner Lieblingsbeschäftigung widmet: Leute einander vorzustellen. Der Künstler Douglas Gordon war auch schon vor 20 Jahren dabei, jetzt hat er seine Familie mitgebracht und zeigt das Kunstwerk seiner Tochter. Tony Cokes ist auch da, der die tolle Installation im Keller des ZK/U gemacht hat. Er findet die Musik von Thomas Brinkmann super und erzählt von irgendeinem alten Spex-Artikel über die Migration von Techno zwischen Detroit und Köln. Sofort seine Partys für die Biennale in den Kalender eintragen!

Douglas Gordon mit einer Zeichnung seiner Tochter

Hans Ulrich Obrist, Klaus Biesenbach, Elke Buhr

 

Während die ersten Gäste des Soho House – nein, wohl niemand von den MoMA-Trustees - in den Pool springen, ziehen wir weiter zum Grill Royal, wo die Art Basel zum "Cocktail Dinatoire" gebeten hat. Alberner Name, aber gute Einrichtung: Man kann auf der Terrasse herumstehen und quatschen und bekommt trotzdem genug zu essen, da ständig ein netter Mensch mit Rindertatar auf einem kleinen Cracker vorbei kommt. Ein Partyschiff bläst Luftballons in unsere Richtung, noch immer bedeckt ein leichter Schweißfilm die Stirn: Ist Berlin jetzt das neue Venedig? Die entsprechenden Leute sind jedenfalls auch da, von Massimiliano Gioni bis Chantal Crousel, die ihre tolle Sonnenbrille auch nach Sonnenuntergang nicht abnimmt.

Vor dem Grill Royal

 

Am Samstag nach der Lektüre der "Süddeutschen Zeitung" versteht man dann wieder, warum Gabi Ngcobo und ihr Team immer dieses komplizierte Legt-uns-nicht-auf-unsere-Identität-Spiel spielen. Die sehr differenzierte Besprechung der Kollegin Catrin Lorch steht unter der Überschrift: "Vergaloppiert.  ie zehnte Berlin Biennale wurde von fünf schwarzen Kuratoren gestaltet". Bäm! Weiße Redakteure bei der Arbeit?

Nachmittags geht es noch  mal zur Akademie der Künste, wo die Zeitschrift Contemporary & zu einem Empfang geladen hat – ab auf's Fahrrad. Unter den Linden ist voller Wannen, ganze Hundertschaften von Polizisten und Polizistinnen stampfen mit schweren Stiefeln in Richtung Brandenburger Tor, wo – schon wieder! – Deutschlandfahnen wehen. Das müssen die AfD-Frauen sein, für was marschieren die eigentlich? Schwarz-rot-Goldene Schürzen?

"Kann man da durchfahren?", will ich von einem Polizisten wissen. "Das wollen Sie nicht", sagt er. Na gut, dann eben Haken schlagen. Wenn du denkst, dass du denkst …

Installation von Firelei Báez vor der Akademie der Künste am Hanseatenweg.