Das neue Palais de Tokyo

Grande Kunstnation

Nach dem Zweiten Weltkrieg war es New York, nach dem Kalten Krieg Berlin, das Paris den Ruf als Kunstmetropole streitig machte und Gerüchte in die Welt setzte. Hier wohnen die Künstler, dort verstauben die Gemälde. Dass Paris die Stadt ist, die in den vergangenen 20 Jahren eine neue Kunstbewegung nicht im Alleingang hervorgebracht, aber diskursmäßig durchdrungen hat, wird bei solchen Vorbehalten meist unterschlagen.

Es war der Franzose Nicolas Bourriaud, der in den 90er-Jahren als Autor des Buches „Esthétique relationnelle“ („Relationale Ästhetik“) und zur Jahrtausendwende als Direktor des Palais de Tokyo Kochstunden von Rirkrit Tiravanija oder Massagesitzungen von Christine Hill für kunstfähig erklärte. Erst nach seinem Weggang 2006 verfiel die Stadt in museale Nos­talgie, das Palais war für seine Ausstellungen, oft genug aber vor allem für gute Partys und sein hippes Restaurant bekannt.

Genau zehn Jahre nach der Eröffnung der Institution durch Bourriaud soll sich das jetzt wieder ändern. Die Architekten Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal haben die Ausstellungsfläche auf 22 000 Quadratmeter fast verdoppelt und das Haus auf vier Ebenen erweitert. Es soll sich um eine Architektur handeln, die wie eine „Landschaft“ wirkt und den Landsleuten eine „biegsame“ Ausstellungsfläche bietet (Buchladen, zweites Restaurant, Konferenz- und Kinosäle inklusive).

Dass zusätzlich internationale Künstler eingeladen werden, verspricht der neue Präsident Jean de Loisy. Denn Paris schreibt Theorie. Aber eine Gefahr besteht: Das neue Haus könnte für die französische Kunstszene so ganz ohne Hilfe aus New York oder Berlin auch schnell zu groß werden.

Palais de Tokyo, Paris, 36-Stunden-Eröffnung mit Installationen, Konzerten und Performances, Künstler: Christian Marclay, Daniel Buren und andere, 12. bis 13. April. Parallel eröffnen die „Modules – Fondation Pierre Bergé – Yves Saint Laurent“ mit einer Gruppenausstellung, daran beteiligt sind unter anderem Cécile Beau und Maxime Rossi. Ab 20. April präsentiert Okwui Enwezor als künstlerischer Direktor im Palais de Tokyo die Triennale „Intense Proximity“